Sven Heinemann vor der Berliner SPD-ParteizentraleSPD Berlin/Sebastian Thomas

Vom Schwarzwald zum Ostkreuz: Der neue Landes­geschäfts­führer Sven Heinemann und sein Weg in die Politik

Seit Januar dieses Jahres ist Sven Heinemann der neue Geschäftsführer der Berliner SPD. Eine Karriere in der Politik war keineswegs vorgezeichnet – fast wäre der 43-Jährige im Journalismus gelandet. Warum und wie es dann doch die Politik wurde, dazu mehr im Porträt.

Ein zwölfjähriger Junge steigt mit seiner Mutter in eine Berliner S-Bahn am Bahnhof Wannsee. Ihr Ziel: Steglitz. Als sie sich hinsetzen – zum damaligen Zeitpunkt besaßen die S-Bahnen noch Holzbänke -, bemerkt der Junge ein Ehepaar. Der Mann trägt eine schwere Goldkette, sein Hemd ist offen, seine Frau ist überschminkt. Neben dem Pärchen sitzt ein Punk. Für Berliner Verhältnisse eine normale Szenerie, für einen Teenager aus Baden-Baden im Südwesten von Baden-Württemberg jedoch eine einprägsame Kindheitserinnerung.

Der Junge von damals ist heute 43 Jahre alt und seit Januar dieses Jahres der neue SPD-Landesgeschäftsführer: Sven Heinemann. Im September 2021 zog er außerdem erneut für die Partei ins Berliner Abgeordnetenhaus ein. Vorbestimmt war dieser Weg nicht – im Gegenteil. Sven Heinemann wuchs im Schwarzwald auf. „Sehr ländlich“, erzählt er. Gegenüber seines Elternhauses befindet sich ein Bauernhof. Oft habe er den Landwirt besucht: „Da gibt es Bilder, wie ich auf Ziegen reite und mit den Schafen Gassi gehe“, sagt er und lacht.

Ohnehin findet die Kindheit viel draußen statt: Spielen auf der Straße und in der Natur und wandern mit den Eltern, manchmal geht es auch in den nahegelegenen Europapark Rust – ein Freizeitpark an der Grenze zu Frankreich. „Es war eine schöne Kindheit“, resümiert er. Neben der anfangs beschriebenen Szene reist er später auch mit Fußballfreunden nach Berlin: „1996 spielte der Karlsruher SC gegen Kaiserslautern im DFB-Pokalfinale“, erinnert sich der 43-Jährige.

Als Studienort fiel die Wahl auf Berlin

Bis zu seinem Umzug nach dem Abitur kennt er Berlin nur als Tourist – sowohl die Mutter als auch der Vater haben mit ihm vor allem West-Berlin nach dem Mauerfall besucht. „Das war so ein ganz klassisches Besuchsprogramm: Ku’Damm, Berliner Zoo“, sagt er. Während den Stadtrundfahrten hörte er dagegen über  Ostberlin: Kameras, Überwachungsstaat, Mauer. Erst ein Jahrzehnt später kann er das einordnen und zieht wegen der günstigen Mieten nach Friedrichshain.

Sven Heinemann beginnt im Jahr 2000 sein Studium in Berlin. Baden-Baden sei zwar eine schöne, jedoch konservative Stadt und sehr kleine heile Welt. Außerdem: „Ich wollte nie in Freiburg, Heidelberg oder Tübingen studieren“, erklärt der SPD-Politiker. So fiel die Wahl auf Berlin. „Ich wollte in die Hauptstadt, weil sie eben so unfertig ist und das bis heute.“ Deshalb sei in der Stadt natürlich auch viel zu entdecken. Dass er hierhergekommen sei, „habe ich keinen einzigen Tag bis heute bereut“, sagt er stolz.

Nun zieht es ihn in den Ostteil Berlins, genauer: ans Ostkreuz. Den wilden Osten, wie er sagt, wollte er nun kennenlernen. „Inzwischen wohne ich seit 22 Jahren an der gleichen Straßenecke, erst in einer WG, anschließend in einer eigenen Wohnung“, sagt Sven Heinemann. Von 2000 bis 2008 studiert er an der Humboldt-Universität Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Stadt- und Regionalsoziologie. Man könnte es als erste Weichenstellung für seine spätere Tätigkeit als Abgeordneter sehen, denn Inhalte dieser Ausbildung begleiten ihn als Verkehrs- und Stadtentwicklungspolitiker bis heute.

Hartnäckig und neugierig – als Journalist, wie als Berufspolitiker

Neben seinem Studium jobbt er anfangs als Journalist, schreibt Beiträge für die Berliner Morgenpost und Berliner Zeitung. „Fotografieren hat mir schon immer Spaß gemacht“, erklärt er. „Mir fiel es nicht schwer mit verschiedenen Leuten ein Vertrauensverhältnis aufbauen und Informationen aus ihnen heraus zu kitzeln.“ Ein Redakteur wird er jedoch nicht: „Der Journalismus in der Hauptstadt ist ein hartes Geschäft.“ Dennoch lernt er auch an dieser Stelle etwas, was ihm in seiner späteren Tätigkeit als Berufspolitiker nützlich sein wird: Neugier und Hartnäckigkeit.

„Als Abgeordneter soll ich den Senat kontrollieren, der Verwaltung grundsätzlich nichts glauben und bei Antworten immer hinterher sein“, erklärt der 43-Jährige. Deshalb solle man als Parlamentarier neugierig sein, weil immer neue Themen auf einen zukommen und eben auch hartnäckig, wenn es darum gehe, den Senat auf die Füße zu treten oder Informationen zu bekommen. 2001 tritt er in die SPD ein. Betrachtet man nur seine Familie war dieser Schritt nicht selbstverständlich:

„Mein Vater war erst in der CDU und später in der CSU, mein Bruder war mal Mitglied bei den Grünen, nur meine Mutter hat SPD gewählt“, erzählt Sven Heinemann. Doch bereits in seiner Jugend ist er ein Sympathisant: „Helmut Kohl war für junge Menschen nicht attraktiv, die SPD mit ihrem damaligen Kanzlerkandidaten schon eher.“ Nach seinem Eintritt absolviert er ein Praktikum in der Pressestelle des SPD-Parteivorstands – ein erster Schritt weg vom Berufswunsch Journalist hin zur Politik.

Als Geschäftsführer das Profil des Landesverbandes schärfen

Weitere Stationen folgen: Mitarbeiter im Deutschen Bundestag, erste Schritte bei den Jusos und auf Abteilungs- und Kreisebene, dann Referent im Bundesministerium, schließlich Abgeordneter im Berliner Parlament – und nun neben dem Mandat die Funktion als SPD-Landesgeschäftsführer. „In dieser Funktion möchte ich das Kurt-Schumacher-Haus als Serviceeinrichtung für die Ehrenamtlichen stärken“, erklärt er. Außerdem wolle er das Profil der SPD als die Berlin-Partei weiter schärfen, um „dann bei zukünftigen Wahlen noch erfolgreicher zu sein“.

Er hat auch schon eine Idee, wie das gelingen soll: Die Partei müsse noch mobiler und digitaler werden. „Außerdem müssen wir unsere Erfolge, unser Spitzenpersonal noch viel mehr in den Vordergrund stellen.“ Schließlich sagt er deutlich: „Wir haben keinen Grund uns für irgendwas zu schämen oder zu verstecken.

Autor:in

Sebastian Thomas

Redakteur der BERLINER STIMME und des vorwärtsBERLIN