Öffentliche Sicherheit

Freiheit und der Schutz der Grundrechte sind Grundwerte der Koalition. Wir sind ihnen verpflichtet und sie sind Maßstab unseres Handelns. Wer von Kriminalität bedroht ist oder Angst hat, handelt nicht frei. Sicherheit ist neben Abwesenheit von Gewalt und Verbrechen, auch Schutz vor sozialem Abstieg, Armut und Ausgrenzung. Deshalb stärken wir den Ordnungsämtern, der Polizei, den Strafverfolgungsbehörden und der Justiz genauso wie der Zivilgesellschaft, die für unsere Freiheit und Demokratie eintritt, den Rücken. Wir wollen, dass alle in Berlin sicher leben und nicht nur die, die sich persönliche Sicherheit leisten können. Transparentes Handeln und Vertrauen in die Polizei sind Grundlage für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung. Die besonderen Belastungen für Polizei, Justiz und Rettungsdienst wollen wir auch durch Arbeitsplatzgestaltung anerkennen und Kinderbetreuung für Mitarbeiter*innen im Schichtdienst sowie professionelle Unterstützung bei psychischen Belastungen anbieten, die auch helfen soll, negative berufliche Erfahrungen vorurteilsfrei zu reflektieren.

Die Koalition wird mehr Personal bei der Polizei und den Strafverfolgungsbehörden im Rahmen des geplanten Stellenaufwuchses einstellen. Wir stehen zu den Institutionen einer modernen Berliner Sicherheitsarchitektur und werden deren Arbeitsweise evaluieren.

Bevölkerungszuwachs, altersbedingte Abgänge und wachsende Aufgaben machen bei der Polizei und Feuerwehr weiterhin das Ausschöpfen der vollen Ausbildungskapazitäten und besonders im Rettungsdienst auch neue Stellen notwendig.

Die unabhängige Struktur der Polizeiausbildung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht bleibt erhalten. Zur Erhöhung der polizeilichen Präsenz und Ansprechbarkeit werden wir die Kontaktbereichsbeamt*innen auf das gesamte Stadtgebiet ausdehnen. Wir wollen die Fahrradstreifen verdreifachen und auf alle Bezirke ausdehnen. Zur gezielten Kriminalitätsbekämpfung werden weitere Wachen eingerichtet. Der zentrale Objektschutz wird verbessert.

Wir werden die Sondersanierungsprogramme für Polizei und Feuerwehr fortsetzen und vor allem die Instandsetzung oder Sanierung von sanitären Einrichtungen finanziell absichern. Wir wollen für die Freiwillige Feuerwehr notwendige Neubauten sowie die Errichtung der kooperativen Leitstelle und den Neubau der Berliner Feuerwehr- und Rettungsdienstakademie (BFRA) auf dem ehemaligen Flughafen Tegel finanziell absichern. Wir wollen die Planungen für das Kriminaltechnische Institut (KTI) vorantreiben.

Wir wollen das Schießstättensanierungsprogramm fortsetzen und sichern eine weitere Entschädigung der von gesundheitlichen Belastungen Betroffenen aus den früheren Schießständen ab

Der Einsatz von Bodycams wird fortgesetzt und finanziell abgesichert.

Wir wollen die Chancen einer jüngeren, weiblicheren, diverseren und diskriminierungskritischen Polizei nutzen und diese Entwicklung vorantreiben. In der Polizei soll sich die Diversität der Berliner Stadtgesellschaft abbilden; rechtsextremes, rassistisches, queerfeindliches und antisemitisches Gedankenguthat keinen Platz. Wir wollen die Aus- und Fortbildung sowie die Supervision verstärken und werden die Rassismus- und Rechtsextremismusstudie fortführen.

Die Koalition wird die Stelle der/des Bürger- und Polizeibeauftragten schnellstmöglich besetzen und eine gute Stellen- und Sachausstattung und die Wahrnehmung der Befugnisse sicherstellen.

Der Rettungsdienst muss die Herausforderungen der wachsenden und alternden Bevölkerung als Teil der Gesundheitsversorgung bewältigen können. Hierzu wollen wir die Anreize für Telemedizin stärken und eine bessere Behandlung durch die Notfallsanitäter*innen direkt vor Ort ermöglichen. Für Menschen, die sich in einem psychischen Ausnahmezustand befinden, wollen wir als Reaktion auf Notrufe multiprofessionelle Kriseninterventionsteams in einem Modellprojekt einführen, an den Rettungsdienst anbinden und noch in dieser Legislatur evaluieren. Die Leistungsfähigkeit des Rettungsdienstes soll extern evaluiert werden.

Die Koalition unterstützt die Berliner Polizei, Feuerwehr und Justiz beim Erreichen der Klimaziele. Wir werden alle Beschaffungen, insbesondere bei der notwendigen Erneuerung der Fahrzeugflotte und des Gebäudebestands möglichst klimaneutral gestalten und verbindliche Klimaschutzkonzepte entwickeln.

Die Koalition wird durch ein Landespräventionsgesetz die Präventionsarbeit gegen häusliche Gewalt, Gewalt im öffentlichen Raum und im Internet sicherstellen. Wir stärken bezirkliche Präventionsräte und das Landeskonzept „Berlin gegen Gewalt“.

Der Schutz von öffentlichen Plätzen soll durch bauliche Konzepte, etwa durch Stadtmöbel und eine bessere Ausleuchtung erhöht werden. Die Sicherheit von Parkanlagen werden wir durch geeignete Maßnahmen erhöhen.

Die Erwähnung in sogenannten Feindeslisten wollen wir konsequent verfolgen. Wir werden die frühzeitige Information über Bedrohungen verbessern und den Schutz durch Meldesperren stärken.

Wir werden ein Landesopferschutzgesetz verabschieden, durch das Opfer von Straftaten einen Anspruch auf Beratungs- und Unterstützungsleistungen erhalten und die Istanbul-Konvention umsetzen. Täterarbeit ist präventiver Opferschutz und muss ausgeweitet werden.

Wir wollen eine*n unabhängigen Landesbeauftragte*n für Fragen der sexualisierten Gewalt nach Vorbild des Bundes berufen.

Organisierte Kriminalität untergräbt die Grundwerte unserer Gesellschaft und muss daher entschieden und evidenzbasiert bekämpft werden. Die Delikte der Organisierten Kriminalität reichen von Mord und Raub über Wirtschafts-, Finanz- und Steuerkriminalität, Schutzgelderpressung bis zu organisiertem Drogen-, Waffen- und Menschenhandel und organisierter sexueller Ausbeutung.

Die Koalition wird den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität in allen Phänomenbereichen durch die gezielte Verfolgung von Geldwäsche und die Vermögensabschöpfung fortsetzen und verstärken. Bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität bleibt der Fokus auf tatsächlich kriminellen Strukturen gerichtet.

Den bestehenden Fünf-Punkte-Plan zur Bekämpfung von Organisierter Kriminalität mit der engen behördenübergreifenden Kooperation zwischen Polizei, Justiz, Bezirken, Bundes- und Landesbehörden führen wir weiter.

Die Polizei wird gegen Verstöße im Straßenverkehr und Autorennen im Straßenverkehr noch entschiedener vorgehen und Autos noch häufiger einziehen. Dazu soll in dieser Legislaturperiode eine größtmögliche Anzahl zusätzlicher stationärer und mobiler Blitzer – mindestens aber 60 Anlagen – in Betrieb genommen werden. Wir prüfen eine datenschutzgerechte und zweckbezogene digitale Lösung zur Ahndung von Verkehrsdelikten im ruhenden Verkehr. Eine technische Stärkung der Bußgeldstelle werden wir gewährleisten. Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) wird die Koalition stärker kontrollieren und ahnden. Im Rahmen der vorhandenen Ressourcen in den Ordnungsämtern ist ein Fachbereich „Parkraumbewirtschaftung und Überwachung Ruhender Verkehr“ einzurichten. Dieser Prozess ist bis spätestens 2023 abzuschließen. Die Schwerpunkteinsätze der Polizei werden wir im Sinne der Verkehrssicherheit verstärkt fortführen.

Die Koalition wird sich im Bund für ein Überlassungsverbot hochmotorisierter Fahrzeuge für Fahranfänger*innen einsetzen. Zur Beseitigung fahruntüchtiger Boote wollen wir ein Konzept erarbeiten, das auch Angebote für Hilfen für dort lebende Menschen umfasst.

Die gemeinsame Strategie von Polizei und Justiz zur Bekämpfung des Fahrraddiebstahls im Kontext Organisierte Kriminalität wird fortgesetzt und intensiviert.

Personenkontrollen dürfen nur am Verhalten und nicht am äußeren Erscheinungsbild von Personen anknüpfen. Daher werden wir das Verbot von racial profiling im Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) verankern.

Die Koalition wird die Regelungen zur Identitätsfeststellung an kriminalitätsbelasteten Orten (kbO) angelehnt an die Bremer Regelung dahingehend ändern, dass die Kontrolle an das Verhalten anknüpfen muss und die Betroffenen auf Verlangen eine Kontrollquittung erhalten.

Eine flächendeckende Videoüberwachung, den Einsatz biometrischer Systeme oder automatisierte Entscheidungen lehnen wir ab.

Die Koalition wird zur vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung und damit öffentliche Orte sicherer werden, im ASOG bis Ende 2022 die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Polizei an begrenzten Orten unter Wahrung der Privatsphäre im direkten Wohnbereich der Anwohner*innen (zum Beispiel in Hauseingängen) in einem Teil der kriminalitätsbelasteten Orte (kbO) Videotechnik einsetzen kann. Ob die Ziele erreicht wurden und die Voraussetzungen weiter bestehen, muss nach jeweils sechs Monaten entschieden werden.

Bei der polizeilichen Datenverarbeitung gelten hohe Datenschutzstandards. Diskriminierungsrisiken werden im Interesse einer wirksamen Strafverfolgung minimiert. Zur Kriminalitätsbekämpfung setzen wir auf eine verbesserte Auswertung beschlagnahmter Massendaten und werden eine angemessene Personalausstattung und Ausstattung mit Informations- und Kommunikationstechnik sicherstellen. Polizeiliche Datenerfassung und -verarbeitung soll systematisch überarbeitet und für die Bürger*innen nachvollziehbarer werden. Eine gesetzliche Benachrichtigungspflicht über die Speicherung, soweit dadurch die Strafverfolgung oder die Gefahrenabwehr nicht beeinträchtigt werden, wird eingeführt. Eng gefasste Sperrungs- und Löschungsfristen müssen implementiert und durchgesetzt werden. Die Ergebnisse justizieller Verfahren werden an die Polizei übermittelt und müssen von dieser in den jeweiligen Datenbanken umgesetzt werden. Abfragen aus polizeilichen Datenbanken werden regelmäßig überprüft.

Wir streben eine Erhöhung der Datenschutzstandards an. Dazu werden wir europäische Vorgaben weiter konkretisieren. Insbesondere muss offene Datenerhebung transparent sein, sensible Daten werden kategorisiert und besonders geschützt. Datenverarbeitungssysteme sind so zu programmieren, dass sie hohe Datenschutzstandards direkt umsetzen. Wir wollen die Rechte der Berliner Beauftragte*n für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI) stärken. Hierfür werden insbesondere die Durchsetzungsfähigkeit der BlnBDI in den Blick nehmen und prüfen, wie Datenschutzrechte der Betroffenen gegenüber privaten Akteur*innen effektiver durchgesetzt werden können. Weiterhin werden wir die Einrichtung einer Servicestelle „Datenschutzberatung“ prüfen, die sowohl die Verwaltung als auch Selbstständige, Kleinunternehmer*innen und Einzelpersonen als Ansprechpartnerin bei Fragen zu Datenschutzbestimmungen zur Seite steht und ein breites Bildungsangebot bereitstellt. Die Erkenntnisse aus Datenschutzfolgenabschätzungen der Senatsverwaltungen werden wir im Rahmen eines Pilotprojekts öffentlich zugänglich machen. Das Funkzellentransparenz-System (FTS) wird in den Regelbetrieb überführt. IT-Sicherheit und der Schutz informationstechnischer Systeme sind essenziell und brauchen klare Regeln und verbindliche Kooperationsstrukturen. Die Sicherheitsbehörden werden darauf hinwirken, alle ihnen bekannte Sicherheitslücken zu schließen. Wir wollen die Cybersicherheit zum Schutz vor Angriffen auf öffentliche Dienstleistungen in Berlin stärken und die Zusammenarbeit mit dem Bund intensivieren.

Die Koalition bekennt sich zum Kampf gegen rechte Gewalt, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit, Antiziganismus, Islamfeindlichkeit und gegen jegliche Form von menschenfeindlichen Einstellungen und Bestrebungen. Die Stärkung zivilgesellschaftlicher Projekte und die konsequente Bekämpfung von rechten und menschenfeindlichen Straftaten sowie von Hasskriminalität hat für uns als gesamtstaatliche Aufgabe besondere Priorität. Wir werden die „Zentralstelle Hasskriminalität“ der Staatsanwaltschaft stärken. Zivilgesellschaftliche Erkenntnisse nehmen wir ernst, stärken Präventionsmaßnahmen auch innerhalb der Berliner Verwaltung und ahnden Vorfälle konsequent.

Zur gezielteren Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Personen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität Opfer werden, setzt sich die Koalition bei der Innenministerkonferenz (IMK) dafür ein, dass die Kriminalitätsstatistiken verlässliche Aussagen über häusliche, sexualisierte, frauenfeindliche und queerfeindliche Straftaten als geschlechtsbezogene Straftaten enthalten.

Digitale Gewalt ist echte Gewalt. Strafverfolgung, Prävention und Opferschutz werden dies berücksichtigen. Entsprechende Online-Beratungsangebote und die digitale Kompetenz von Schutzeinrichtungen für Betroffene von Gewalttaten werden wir voranbringen.

Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte werden mit ausreichenden technischen Mitteln ausgestattet und durch passende Maßnahmen und Ausbildungsangebote darauf hinwirken, dass eine erneute Opfererfahrung vermieden wird.

Wer Gewalt ausübt, kann für die Politik niemals Verhandlungspartner*in sein. Das gilt völlig unabhängig davon, unter welchem Deckmantel einer politischen Ausrichtung – ob rechts, durch Staatsdelegitimierer*innen, links oder religiös – sie ausgeübt wird.

Wir werden weiterhin im Sinne der Betroffenen alles für die Aufklärung der Neuköllner Anschlagsserie tun, auch mit der schnellstmöglichen Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Mit einem Veranstaltungssicherheitsgesetz werden wir die Sicherheitsstandards bei Großveranstaltungen verbessern. Die Koalition prüft die Beteiligung von Profivereinen und kommerziellen Großveranstaltungen an den Sicherheitskosten. Wir ermöglichen die Durchführung eines einjährigen Pilotprojekts zum sicheren Einsatz von Pyrotechnik beziehungsweise. kalter Pyrotechnik bei Fußballspielen.

Wir bauen die Katastrophenvorsorge und die Instrumente des Krisenmanagements im Katastrophenfall aus und entwickeln einen strategischen Umgang mit Szenarien von Katastrophen oder Großschadensereignissen, insbesondere Folgen der Klimakrise oder Blackouts, und werden für andere Bedrohungslagen vorsorglich verbesserte Notfallpläne erstellen. Wir werden die Zusammenarbeit mit Betreibern der kritischen Infrastruktur und der Wirtschaft intensivieren und Katastrophenschutzzentren einrichten.

Der Verfassungsschutz muss zur Erfüllung seiner Aufgaben zielgerichtet fortentwickelt werden, auch um dem Handlungsbedarf aus der Aufarbeitung des Terroranschlags am Breitscheidplatz gerecht zu werden. Der Quellen- und Methodenschutz darf niemals über dem Schutz vor Gefahren für Menschen stehen. Wir werden die Arbeitsweise des Berliner Verfassungsschutzes wissenschaftlich mit dem Ziel einer verbesserten und effizienteren parlamentarischen Kontrolle, Transparenz und Effektivität als Frühwarnsystem evaluieren. Wir werden eine*n parlamentarische*n Beauftragte*n durch den Ausschuss für Verfassungsschutz einsetzen sowie präzisere gesetzliche Dokumentationspflichten bei der Aktenführung einführen. Die Art und Weise der Speicherung von Personendaten beim Verfassungsschutz werden wir im Rahmen des Verfassungsschutzgesetzes durch die/den Berliner Datenschutzbeauftragte*n überprüfen lassen.

Wir wollen den Besitz aller Art von illegalen Waffen bekämpfen, mehr Waffen einziehen und aus dem Verkehr bringen. Wir wollen auch die Kontrollen von legalem Waffenbesitz deutlich erhöhen und Verstöße dagegen konsequent ahnden. Wir werden uns im Bund für eine Verschärfung des Waffenrechts einsetzen, um zu verhindern, dass extremistische Personen in den Besitz von Waffen kommen.

Wir unterstützen Polizist*innen und Feuerwehrleute, die im Dienst angegriffen werden. Dazu gehört auch, dass wir unkontrolliertes und rücksichtsloses Böllern an Silvester weiter einschränken. Wir werden neben böllerfreien Zonen weitere Maßnahmen zur Eindämmung prüfen.

Die Koalition will die Versammlungsfreiheit stärken. Das neue Versammlungsfreiheitsgesetz wird in der Mitte der Wahlperiode mithilfe der Praxis und Rechtsprechung evaluiert. Die Vorkommnisse bei der Wahl am 26. September 2021 werden vollumfänglich aufgearbeitet, so dass die kommenden Wahlen und Abstimmungen sicher und ordnungsgemäß durchgeführt werden.