Landesvorstand: Berlin bleibt solidarisch mit Geflüchteten in humanitärer Not – Für eine Bund-Länder-Konferenz

Beschluss des SPD-Landesvorstands vom 7.9.2020:

Der Landesvorstand der SPD Berlin begrüßt ausdrücklich die Arbeit des sozialdemokratischen Berliner Innensenators Andreas Geisel mit Blick auf die Aufnahme von Geflüchteten von den griechischen Inseln. Diesen humanitären Weg wollen wir mit diesem Beschluss weiter festigen:

  • Wir unterstützen Andreas Geisels Vorstoß, wonach es ein Bund-Länder-Konferenz geben soll, die sich mit der Lage der Geflüchteten und deren Aufnahme in Deutschland befasst. Berlin bleibt bei seiner Bereitschaft der Aufnahme von Geflüchteten Menschen in Not. Wir unterstützen die Aufnahme durch Bundeskontingente im Rahmen einer europäischen Koordination. Eine Bund-Länder-Konferenz, angestoßen durch Innensenator Geisel, soll möglichst eine Ausweitung des Bundeskontingents herbeiführen und eine Koordinierung der Länderaufnahme bewirken.  Berlin, als Teil des Netzwerkes Solidarity Cities, will auch weiterhin von seinem Recht Gebrauch machen, im Rahmen des Föderalismus (Art. 30 GG) Landesaufnahmeprogramme für die Bewältigung humanitärer Notlagen zu nutzen.
  • Parallel  soll darauf hingewirkt werden, dass die Bundesratsinitiative des Landes Berlin zur Änderung des § 23 Absatz 1 Satz 3 Aufenthaltsgesetzes, im Bundesrat eine entsprechende Mehrheit findet.

Wir als SPD Berlin appellieren insbesondere an die Partei Bündnis90/Die Grünen, die in Bundesländern wie Schleswig-Holstein, Hessen und Baden-Württemberg mitregiert und deren Regierungskoalitionen sich noch nicht im ausreichenden Maße zur Aufnahme von Geflüchteten von den griechischen Inseln bekannt haben: Wir fordern eine engere Zusammenarbeit und die Unterstützung der Berliner Initiativen in Zusammenhang mit der Aufnahme von Geflüchteten. Entsprechende Gesprächskanäle sollen stärker genutzt werden.

Begründung:

Es gibt eine massive Bewegung von Städten und Gemeinden in ganz Europa, die sich für Geflüchtete engagieren. In Deutschland gibt es bereits Bundesländer, Städte und Kommunen, die dem Bündnis „Sichere Häfen“ angehören und über die in diesem Jahr im schwarz-roten Koalitionsausschuss bestimmten Kontingente hinaus Geflüchtete aufnehmen wollen. Dazu gehört auch das Land Berlin. Seehofer argumentiert in seinem Schreiben an Andreas Geisel vom 8. Juli 2020, dass Berlin mit seinem Wunsch, 300 Menschen zusätzlich aus den griechischen Elendslagern in der Ägäis aufzunehmen, eine gesamteuropäische Lösung konkurriere  und es zudem eine „Bundeseinheitlichkeit“ durch ein Landesaufnahmeprogramm nicht mehr gewährleistet sei.

Das Einvernehmenserfordernis soll den äußersten rechtlichen Rahmen für die ansonsten freie politische Entscheidung der Länder abstecken. Für die konkurrierende Bundeskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 4 GG gilt zugunsten der Länder die sog. Erforderlichkeitsklausel nach Art. 72 Abs. 2 GG. Danach hat der Bund nur das Recht zur Gesetzgebung, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht. Durch die Aufnahme einer in Quantität und Qualität definierten Gruppe von geflüchteter Menschen, besteht keine Gefahr der Verletzung der Bundeseinheitlichkeit in diesem Sinne.

Ob das Seehofer daher überhaupt das Einvernehmen verweigern darf, ist juristisch hoch umstritten und ein Präzedenzfall. Gerade deshalb ist die Schaffung von Rechtssicherheit wichtig.

Das Land Berlin will eine Bundesratsinitiative zur Änderung des § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) starten.  Bislang sind Entscheidungen für humanitäre Aufnahmeprogramme der obersten Landesbehörden vom Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern abhängig. Der § 23 Absatz 1 Satz 3 AufenthG soll dahingehend geändert werden, dass die Länder das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zukünftig lediglich informieren anstatt dessen Einvernehmen einholen zu müssen. Somit können die Länder selbst mehr Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen und gleichzeitig unkomplizierte Hilfe für Geflüchtete leisten.