Beschluss des Landesvorstands der SPD Berlin vom 17.3.2025:
Berlin ist eine Millionenmetropole. Als diverse und vielfältige Hauptstadt ist Berlin weltweit bekannt. Daraus ergeben sich Herausforderungen, die wir die Verhandler*innen der SPD in den Verhandlungen mit der CDU/CSU bitten, dringend zu berücksichtigen. Wenn sich diese Punkte nicht in einem Koalitionsvertrag wiederfinden, wird dies drastische Konsequenzen für die Menschen in unserem Bundesland haben.
Wir fordern:
- eine tiefergehende Antwort auf die Wohnungs- und Mietenkrise als nur Neubau. Massiv steigende Mietpreise bringen viele Menschen in Berlin und anderen Ballungszentren an den Rand ihrer finanziellen Belastbarkeit und machen dort das Wohnen für breite Schichten Bevölkerung unerreichbar. Daher muss die Mietpreisbremse unbefristet verlängert und Umgehungsmöglichkeiten durch (Teil-) Möblierung oder Befristung ausgeschlossen werden. Im BGB ist eine Öffnungsklausel einzufügen, die die Länder ermächtigt, einen Mietendeckel oder vergleichbare mietdämpfende Regulierungen einzuführen. Der Umwandlungsvorbehalt im BauGB muss zügig entfristet und die Eigenbedarfskündigung auf die Wohnnutzung durch die Kernfamilie begrenzt werden.
- keinerlei Möglichkeit zur Prüfung der oder tatsächliche Aberkennung der Staatsbürger*innenschaft für Doppelstaatler*innen. Allein durch den Prüfauftrag, wie er sich im Sondierungspapier findet, wird Menschen mit Migrationsgeschichte gezeigt, dass sie Deutsche zweiter Klasse und immer nur “Deutsche auf Probe” sein können. Diese Entwicklungen lehnen wir klar ab. Wir stehen zu einem modernen Staatsbürger*innenrecht, wie es in der letzten Legislatur beschlossen wurde.
- keine Rückschritte in der Migrationspolitik. Dies betrifft v.a. den Familiennachzug und das Aussetzen von Landesaufnahmeprogrammen, sowie die Zurückweisung Asylsuchender an deutschen Grenzen. Die Welt muss sich darauf verlassen können, dass der deutsche Staat sein Wort hält, wenn Menschen für ihn ihr Leben riskieren, wie es in Afghanistan der Fall war. Ebenso muss sichergestellt werden, dass Deutschland sich an europäisches Recht und Menschenrechte hält. Die Sozialdemokratie muss unmissverständlich das individuelle Menschenrecht auf Asyl verteidigen. Dazu gehört auch, dass wir keine Abschiebungen vornehmen, wenn es die betroffenen Menschen in Gefahr bringt – sei es in einem Drittstaat oder in ihrem Herkunftsland. Deutschland ist ein Einwanderungsland – daher halten wir an dem Anspruch, Migration auch zu erleichtern, fest. Ebenso wollen wir Menschen, die neu nach Deutschland kommen, den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern.
- Arbeits- und Gesundheitsschutz müssen Vorrang haben. Eine Abweichung von den Regelungen zur täglichen Höchstarbeitszeit darf nur im Rahmen einer befristeten Regelung sowie im Rahmen von Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen zugelassen werden, sofern in den betroffenen Bereichen zuvor ein sicheres und verlässliches System zur vollständigen Arbeitszeiterfassung etabliert wurde. Nach Fristablauf hat eine Evaluation zu erfolgen. Im Übrigen muss dafür gesorgt werden, dass die Einhaltung der täglichen Arbeitszeit stärker kontrolliert und bei Feststellung von Verstößen wirksamer sanktioniert sowie der Schutz der Beschäftigten vor physischen und psychischen Belastungen am Arbeitsplatz verbessert wird, z.B. über eine Steigerung der ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilungen.
- den Erhalt von gesellschaftlichen Fortschritten, wie dem Selbstbestimmungsgesetz, der Ehe für Alle oder der Streichung von §219a. Für uns steht fest, dass diese Errungenschaft der letzten Jahre nicht zur Disposition stehen dürfen. Das Einstehen für marginalisierte Gruppen muss auch in einem Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU Priorität für die Sozialdemokratie haben – dafür gehört auch die Verteidigung von bereits erreichtem.
- ein Demokratiefördergesetz und eine Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts. Die Gefahr durch Rechtsextremismus und Desinformation in Deutschland ist eine der größten Bedrohungen für unsere Demokratie. Wir stehen an der Seite derjenigen, die die lebendige Demokratie ausmachen. Das muss sich auch in einem Koalitionsvertrag niederschlagen. Hier braucht ein Demokratiefördergesetz und eine Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts. Die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, zivilgesellschaftliche Beratungsangebote und die Präventionsarbeit müssen weiter gestärkt werden, um extremistische Tendenzen, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit frühzeitig zu bekämpfen. Dazu gehört auch der Schutz von Gedenkstätten und Erinnerungsorten, die immer wieder Angriffen von rechten Kräften ausgesetzt sind und deren Arbeit nicht durch politische oder finanzielle Einschränkungen erschwert werden darf. Die Behörden müssen frühzeitiger bei rechtsextremen und anderen verfassungsfeindlichen Aktivitäten eingreifen, gegen Hasskriminalität vorgehen und die Finanzquellen der dahinter liegenden Netzwerke austrocknen können.
- Weder marginalisierte Zielgruppen noch die soziale Infrastruktur dürfen gegen Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung ausgespielt werden. Die soziale Infrastruktur ist ein Garant für den Ausgleich des Miteinanders und bietet Hilfe zur Selbsthilfe und Hilfe in allen schwierigen Lebenslagen. Diese steht auch für die Bekämpfung von Armut und die Ermöglichung von Aufstieg im Sinne von Chancengerechtigkeit.
Der geschäftsführende Landesvorstand der SPD Berlin wird sicherstellen, dass diese Punkte die entsprechenden Verhandler*innen erreichen.