Beschluss des SPD-Landesvorstands vom 15.5.2020:
In den Ballungszentren müssen Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen häufig deutlich mehr als 30 % ihres Einkommens für die Miete aufwenden. Auch für Gewerbebetriebe sind die vielfach steigenden Fixkosten der Miete eine finanzielle Belastung. Wer nun wegen der Corona-Krise schlagartig durch Kurzarbeit, Kündigung, Betriebsschließung oder wegbrechende Aufträge sein Einkommen ganz oder teilweise verliert, gerät schnell mit den Mietzahlungen in den Rückstand. Der Bundestag hat dieses Problem erkannt und ein Kündigungsmoratorium verabschiedet. Bund und Länder versuchen Gewerbetreibenden und Freiberufler*innen zudem mit Zuschüssen und Liquidität zu helfen. Das alles sind wichtige Schritte, die wir ausdrücklich begrüßen. Sie werden aber nicht verhindern können, dass viele Menschen nach dem Ende der Krise hohe Mietschulden angehäuft haben werden, die sie angesichts der erlittenen Einbußen nicht abzutragen vermögen. Dieses Problem muss der Staat angehen und dabei auch die Eigentümer*innen in die Pflicht nehmen. Während in anderen Branchen, in denen die öffentliche Hand mit Staatshilfen einspringt, nur laufende Kosten gedeckt werden, garantieren die bisherigen Maßnahmen den Eigentümer*innen weiterhin stabile Profite in bisheriger Höhe. Transferleistungen müssen in einer solchen historischen Situation aber vor allem dafür eingesetzt werden, die Daseinsvorsorge zu sichern.
Wir fordern daher, das bestehende Kündigungsmoratorium durch weitergehende Maßnahmen zu ergänzen, die die Mieter*innen in Deutschland entlasten und die Folgen der Krise fair auf vielen Schultern verteilen:
- Mietenschnitt: Die SPD Berlin spricht sich dafür aus, von Corona betroffene Mieter*innen durch einen Mietenschnitt zu entlasten und damit die Vermieter*innen-Seite substantiell an den Krisenkosten zu beteiligen. Wo kleinen und mittleren Gewerbebetrieben auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes der Gewerbebetrieb untersagt wird oder wo Privat-Mieter*innen glaubhaft machen können, dass ihr Einkommen auf Grund der COVID-19-Epidemie eingebrochen ist, soll der Bund einen solidarischen Mietenschnitt ermöglichen.
- Gewerbemieten: In Zeiten der Pandemie darf es nicht passieren, dass Gewerbebetriebe wegen Zahlungsunfähigkeit ihrer Fixkosten wie Gewerbemiete und Nebenkosten in die Insolvenz gehen müssen. Der langfristige Wirtschaftsschaden ist nicht hinnehmbar. Daher muss es entsprechende Zuschüsse für Gewerbebetriebe geben, deren Gewerbesitz pandemiebedingt in Gefahr ist. Die bereits existierenden Regelungen für Gewerbebetriebe, denen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes der Gewerbebetrieb untersagt wurde, sind dementsprechend auf weitere existenzbedrohte Gewerbebetriebe auszuweiten.
- Wohnungsmieten: Das bestehende Kündigungsverbot muss verlängert werden für Personen mit Mietschulden, die glaubhaft machen können, dass ihr Einkommen auf Grund der COVID-19-Epidemie eingebrochen ist. Die Verfahren zur Beantragung und Genehmigung von Wohngeld müssen an die aktuellen Erfordernisse in der Krise angepasst werden. Auch eine Ratenzahlung ausstehender Mietzahlungen soll gesetzlich geprüft und möglichst festgelegt werden.
- Brancheninterner Hilfsfonds für Vermieter*innen: Für Härtefälle bei privaten Vermieter*innen ist ein solidarisches Hilfsprogramm innerhalb der Immobilienbranche zu installieren. Auch eine zeitlich befristete Abgabe auf die Einkommenssteuer aus Immobilieneinkünften ist zu prüfen.
- Bundesweiter Mieterhöhungsstopp: Mieterhöhungen sind angesichts der Notsituation und auch um einer drohenden Rezession entgegenzuwirken, in ganz Deutschland für zwei Jahre auszusetzen. Für Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt bekräftigen wir unsere Forderung, dass Mieten für einen Zeitraum von 5 Jahren maximal in Höhe der Inflationsrate erhöht werden dürfen. (Bundesparteitagsbeschluss von Dezember 2019)
- Um zusätzliche Mietbelastungen in der Krise zu verhindern, sollen geplante und laufende Modernisierungsmaßnahmen in der Zeit, während Mieterinnen und Mieter von zu Hause arbeiten und die Kinderbetreuung leisten müssen, möglichst belastungsarm durchgeführt oder verschoben werden.
- Genossenschaften und gemeinnützige Wohnungsgesellschaften, die Satzungen unterworfen sind, denen zufolge sie nur betriebsnotwendige bzw. moderate Rücklagen bilden dürfen, und die keine Gewinnausschüttungen jedweder Form betreiben, werden durch Fördermaßnahmen und Zuschüsse der öffentlichen Hand beim Wohnungsneubau unterstützt. Außerdem erfahren Sie besondere Unterstützung, um ihre Kapazitäten auszubauen und noch größere Teile der Bevölkerung mit geschütztem und bezahlbaren Wohnraum zu versorgen.
- Um die Wohnungsbestände in der Krise vor preistreibender Spekulation zu schützen, ist das Vorkaufsrecht an den aktuell erwirtschafteten Ertragswerten zu orientieren und eine entsprechende Gesetzesänderung im Baugesetzbuch anzustreben.