Beschluss des SPD-Landesvorstands vom 4.11.2024:
Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus und die SPD-geführte Senatsverwaltung für Gesundheit und Wissenschaft werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die zentralen Ziele der vom Bundesministerium für Gesundheit vorgelegten Planung zur Krankenhausreform bei der Fortschreibung der Krankenhausplanung ab 2026 in Berlin umgesetzt werden.
Die drei zentralen Ziele: Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität, Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung für Patientinnen und Patienten sowie Entbürokratisierung müssen auch für Berlin Maßstab der Krankenhausplanung sein.
Zusätzlich zu diesen Zielen müssen a) die Sicherung der Existenz der Krankenhäuser, b) die Sicherung der personellen Ausstattung der Krankenhäuser sowie c) die Sicherung der Finanzierung der Krankenhaus-Investitionen gewährleistet werden – immer bezogen auf das medizinisch notwendige Maß der Krankenversorgung.
Begründung:
Zu a) Sicherung der Existenz der Krankenhäuser
Die Charité – Universitätsmedizin Berlin, die Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH sowie weitere Krankenhäuser anderer Krankenhaus-Träger stehen vor ernsthaften wirtschaftlichen Problemen. Das liegt zum einen an den wegen des Fachkräftemangels steigenden Lohnkosten, vor allem aber an der geringen Auslastung der Krankenhäuser in Berlin von 74,2% im Jahr 2023[1]. Trotz der leicht steigenden Einwohnerzahl Berlins und der zunehmenden Alterung der Bevölkerung kann nicht mit einer Zunahme der Zahl der stationär zu behandelnden Fälle und damit einer höheren Auslastung der aktuell betriebenen Betten gerechnet werden. Deshalb: Wenn der Krankenhausplan 2025 nicht die Reduzierung der Kapazitäten für die stationäre Behandlung auf ein am medizinischen Bedarf orientiertes Maß vorsieht, werden in Zukunft Kosten verursacht, die durch die künftig geringeren Erlöse nicht mehr gedeckt werden können[2]. Insolvenzen und – weil damit möglicherweise die falschen Anbieter stationärer medizinischer Leistungen vom Markt verschwinden – die Beeinträchtigung einer flächendeckenden Versorgung werden die Folge sein.
Zu b) Sicherung der personellen Ausstattung der Krankenhäuser
Die Anzahl der Ärzte/der Pflegefachkräfte pro 1.000 Einwohner lag 2019 in Deutschland bei 4,4/11,8 und damit deutlich höher als die 3,9/8,4 im EU-Durchschnitt[3]. Deshalb: Wenn die Behandlungskapazitäten im stationären Bereich auf das medizinisch begründete Maß reduziert werden, trägt dieses erheblich zur Reduzierung des Fachkräftemangels bei.
Zu c) Sicherung der Finanzierung der Krankenhaus-Investitionen
Die Haushaltslage des Landes Berlin lässt es derzeit und auch in den nächsten Jahren nicht zu, die von den aktuell betriebenen Krankenhäusern geplanten, medizinisch begründeten Investitionen – so wie es das Krankenhausfinanzierungsgesetz vorsieht – zu finanzieren. Dieses führt dazu, dass die Krankenhäuser Gewinne erwirtschaften müssen, um einen Teil ihrer Investitionen selbst finanzieren zu können. Daraus folgt, dass Patienten immer wieder aus wirtschaftlichen Gründen und ohne medizinische Notwendigkeit in die stationäre Behandlung aufgenommen werden[4]. Deshalb: Wenn die Kapazitäten für die stationäre Behandlung von Patienten auf das medizinisch begründete Maß begrenzt werden, vermindert dieses den Investitionsbedarf. Ein höherer Teil der Investitionen als bisher kann durch Fördermittel finanziert werden. Der wirtschaftliche Druck auf die Krankenhäuser wird reduziert; die Qualität der Behandlung steigt.
[1] Berliner Krankenhausgesellschaft: Zahlen, Daten, Fakten, Ziffer 4.7, https://www.bkgev.de/zahlen-daten-fakten/, Zugriff: 18.7.2024
[2] Siehe dazu auch RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung: Krankenhaus Rating Report 2023 – Pressemitteilung vom 15.06.2024, https://www.rwi-essen.de/presse/wissenschaftskommunikation/pressemitteilungen/detail/krankenhaus-rating-report-2023, Zugriff: 18.7.2024
[3] Köppen, J.; Busse, R.: Die Personalsituation im Krankenhaus im internationalen Vergleich, in: Klauber, J. et al. (Hrsg.): Krankenhaus-Report 2023 – Schwerpunkt: Personal, S. 22 f.
[4] Naegler, H.; Wehkamp, K.-H.: Medizin zwischen Patientenwohl und Ökonomisierung – Krankenhausärzte und Geschäftsführer im Interview. Mit einem Geleitwort von Georg Marckmann, Berlin 2018, S. 82 ff.