Landesvorstand: Kein Sexkauf­verbot: Sex­arbeiter*­innen unter­stützen statt stigma­tisieren und entrechten

Beschluss des SPD-Landesvorstands vom 2.7.2020:

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses, des Senats und des Bundestages und der Bundesregierung sowie die Berliner Mitglieder des Parteivorstandes auf, sich klar gegen eine grundsätzliche Untersagung der Sexarbeit, wie sie von 16 Parlamentarier*innen in einem Brief an die Regierungsverantwortlichen der Länder gefordert wurde, auszusprechen und politisch danach zu handeln.

Begründung:

Ein Sexkaufverbot kriminalisiert die Tätigkeit von Sexarbeiter*innen und verstärkt die Stigmatisierung, die mit ihrer Arbeit einhergeht. Ihre Dienstleistung wird durch das Verbot vom öffentlichen Raum in den privaten Raum und vergleichbar schlecht geschützte Räume verdrängt, wodurch sich das Risiko für eine Infektion mit übertragbaren Krankheiten und Gewalttaten erhöht, die bei einem Verbot schwerer zur Anzeige gebracht werden können.

Rechtlich verschlechtert ein Verbot die Situation derer, die diesen Beruf selbstbestimmt ausüben. Ihnen wird sowohl das Recht auf körperliche Selbstbestimmung genommen als auch das Recht auf die Vertretung der eigenen Interessen: Die Bildung eines eigenen Berufsverbandes, wie es der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD) ist, wäre beim Schwedischen Modell beispielsweise nicht zulässig. Die rechtliche Situation von Sexarbeiter*innen, die gegen ihren Willen tätig sind, würde durch ein Verbot insofern ebenfalls verschlechtert, dass sie für die Hilfs- und Beratungsangebote noch schlechter erreichbar wären. Eine Aufklärung über die eigenen Rechte und die Information über Ausstiegsmöglichkeiten wären folglich stark erschwert, gesundheitliche Prävention nicht möglich.

Gewalt, Frauenfeindlichkeit und der bisher nicht in der Gesellschaft verankerte Konsens-Gedanke zählen zu den Hauptproblemen der Sexarbeiter*innen. Ein Verbot von Sexarbeit adressiert keines dieser Probleme, es begünstigt sogar Gewalttaten. Es steht damit dafür, sich der Verantwortung für diesen notwendigen gesellschaftlichen Wandel zu entziehen und diesen jenen aufzubürden, die diese Probleme nicht von sich schieben können, seien es die Sexarbeiter*innen selbst, die Organisationen, die sich für sie einsetzen, oder die angrenzenden Länder, in denen Sexarbeit nicht untersagt ist.

Wir, die ASF Berlin, stellen uns dieser Verantwortung. Unsere Arbeit hat diesen gesellschaftlichen Wandel zum Ziel und wir sind der festen Überzeugung, dass die SPD genau dafür steht.