Landesvorstand: Landes­auf­nahme­programm zur Eva­ku­ier­ung von Geflüchteten auf den griechischen Inseln vor­an­treiben

Beschluss des SPD-Landesvorstands vom 11.5.2020:

Aktuell steht der von der rot-rot-grünen Landesregierung politisch gewollten Aufnahme einer größeren Zahl von Geflüchteten von den griechischen Inseln die fehlende Bundeszustimmung entgegen. In diesem Zusammenhang fordern wir eine möglichst weitgehende Initiative, um alle rechtlichen Spielräume auszuschöpfen, um auch ohne Bundeszustimmung handeln zu können.

Gemäß § 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG dürfen Bundesländer „Ausländer aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmte[n] Ausländergruppen“ aus „völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ aufnehmen.

Die oberste Landesbehörde verfügt hierbei über ein weites politisches Entschließungsermessen. Die Landesaufnahme darf ungeachtet eines Asylverfahrens erfolgen.

Voraussetzung für die Wirksamkeit der Landesaufnahmeanordnung ist das Einvernehmen des BMI gem. § 23 Abs. 1 S. 3 AufenthG: “Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern”. Der Ermessensspielraum des BMI zur Ablehnung des Einvernehmens mit einem Landesaufnahmeprogramm ist sowohl inhaltlich, als auch verfahrenstechnisch begrenzt.


Das Einvernehmenserfordernis soll den äußersten rechtlichen Rahmen für die ansonsten freie politische Entscheidung der Länder abstecken. Für die konkurrierende Bundeskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 4 GG gilt zugunsten der Länder die sog. Erforderlichkeitsklausel nach Art. 72 Abs. 2 GG. Danach hat der Bund nur das Recht zur Gesetzgebung, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

Durch die Aufnahme einer in Quantität und Qualität definierte Gruppe von geflüchteten Menschen, besteht keine Gefahr der Verletzung der Bundeseinheitlichkeit in diesem Sinne.

Bei einer rechtswidrigen Ablehnung des Einvernehmens zu einer Landesaufnahmeanordnung durch das BMI, etwa, weil es sich nicht auf die Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bezieht, kann das Land Berlin das Bundesverwaltungsgericht anrufen. Außerdem besteht die Möglichkeit
die Verfassungsmäßigkeit der Einvernehmensvorschrift vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen.

Daher fordern wir:

  • Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport, als oberste Landesbehörde, wird aufgefordert, die Aufnahme einer zu definierenden Gruppe geflüchteter Menschen von den griechischen Inseln anzuordnen und dazu die Zustimmung vom BMI einzuholen
  • Die zu definierende Gruppe, die aus humanitären Gründen durch das Land Berlin aufzunehmen ist, soll neben unbegleiteten Minderjährigen andere vulnerable Gruppen umfassen. Darunter sind z.B. neben religiösen Minderheiten und wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminierten Menschen auch Alleinerziehende und ihre Kinder, Familien, sowie Menschen mit Erkrankungen und von Traumatisierung betroffene Menschen zu fassen.
  • Sollte das BMI die Anordnung ablehnen, ist zu prüfen ob das Land Berlin die Ziele des Landesaufnahmeprogrammes auf dem Rechtsweg weiterverfolgt.