Landesvorstand: Lösungen für Familien in Zeiten von Corona in Berlin

Beschluss des SPD-Landesvorstands vom 11.5.2020:

Seit nunmehr fünf Wochen hangeln sich Familien durch den Alltag zwischen Homeoffice, Kinder­betreuung und einer auch für sie neuen Konstellation des 24/7 Zusammenseins im Familien­kreis. Allen muss klar sein, dass echtes Vollzeit-Homeoffice mit der gleichzeitigen Betreuung von Kleinkindern ein unmögliches Unterfangen ist. In den letzten Wochen haben diesen Spagat viele Familien geschafft, wenngleich oftmals eher im Sinne eines “Über die Zeit retten”. Auch deshalb war die Aussage der Bundeskanzlerin und Minister­präsi­dentinnen und -präsidenten und Landes­chefs, dass “Kitas vorerst geschlossen (bleiben)” – und wie im Folgenden durch das Land Berlin ausgeführt wurde, vor­aus­sicht­lich bis 01.08.2020 – für viele Eltern ein Schlag ins Gesicht. Auch gleich­stellungs­politisch droht ein Rückschlag: Frauen drohen Verliererinnen der Krise zu werden und ungewollt in traditionelle Rollen zurückgedrängt zu werden – denn sie tragen bereits jetzt die Hauptlast bei der unbezahlten Sorge­arbeit in Familien, leisten selbst bei Vollzeitarbeit in Paar­beziehungen den größeren Teil unbezahlter Arbeit stecken beruflich wegen geringerer Verdienste und gesetzlicher Fehlanreize häufiger zurück und dürften auch unter den aktuellen Bedingungen häufiger für die Erziehungs­arbeit beruflich zurück­stecken oder gesund­heit­lich gefährdende Doppel­belastungen tragen.

Die SPD steht für gute Bildung für alle, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die materielle Gleich­stellung der Geschlechter, deshalb ist es für uns eine Selbst­verständ­lich­keit, in dieser für alle außergewöhnlichen Situation auch und insbesondere Familien in den Blick zu nehmen. Dabei wollen wir genauso die päda­gogischen Fachkräfte, ihre Gesundheit und die ihrer Angehörigen im Blick behalten.

Wir lassen Familien nicht alleine

In der aktuellen Situation ist in vielen Familien echte Not aus­ge­brochen. Neben der ge­schlossenen Kita ist für Familien durch ein­ge­schränkte Spiel­plätze, ab­gesagte Sport- und Bewegungs­stunden etc. auch jegliche Alternative zum Aufent­halt in der Wohnung weg­ge­brochen. Für (Klein-)Kinder reichen Spazier­gänge an der frischen Luft aber lange nicht aus. Die Be­lastungs­er­scheinun­gen können Familien bundes­weit an ihren Klein­kindern erleben: gelang­weilte Kinder, Ver­haltens­auf­fällig­keiten zuhause durch fehlenden sozialen Kontakt und immer mehr ratlose Eltern, die komplett für die nächste Tages­be­schäf­ti­gung sorgen müssen.

Viele Familien mit kleinen Kindern sind selbst im Normal­zustand mit intakten Betreuungs- und Unter­stützungs­netz­werken an ihren Belastungs­grenzen. Wenn all dies jedoch länger­fristig aus­fällt, sind auch stabile Familien­kon­stellationen über­strapa­ziert. Um ihre Auf­gaben und Arbeits­zeiten ansatz­weise zu erledigen sind für die meisten Eltern im Home­office Arbeits­zeiten von 5.30h bis 22:30/23h Alltag. Hier wollen wir Perspektiven anbieten.

Gesundheit der Fach­kräfte gewähr­leisten

Die SPD Berlin setzt sich seit vielen Jahren für die Belange der Kita-Fach­kräfte in der Stadt ein. So haben wir die Arbeits­be­dingun­gen unter anderem dadurch verbessert, dass weniger Kinder von einer Fach­kraft betreut werden. Auch der Leitungs­schlüssel wurde zugunsten der Fach­kräfte angepasst. Außer­dem wird über das Gute-Kita-Gesetz im kommenden Jahr u.a. eine Brenn­punkt­zulage und eine bessere Aus­stattung in den Ein­richtungen finanziert.

Gerade während der Corona-Pandemie muss der Gesundheits­schutz der Kita­fach­kräfte verstärkt im Fokus der Debatte stehen. So ist eine schritt­weise Öffnung der Einrichtungen nur möglich, wenn die gesund­heit­lichen Risiken, die die Fach­kräfte tragen, auf ein Minimum reduziert werden können. Zu be­rück­sich­tigen ist hierbei, dass in Berlin viele Fach­kräfte zur Risiko­gruppe (Ältere Menschen, Menschen mit Vor­er­krankungen) zählen und mit Risiko­gruppen in einem Haushalt leben. Auch deren Ängste und Sorgen müssen bei den Planungen bedacht werden. Eine Rück­kehr zum Normal­betrieb und damit zur hundert­prozentigen Aus­lastung der Ein­richtungen scheint deshalb noch für eine längere Zeit nicht möglich zu sein. Es muss somit ein Konzept entwickelt werden, welches über viele Monate trägt und eine Balance zwischen den Bedürfnissen von Kindern, Familien und pädagogischen Fachkräften findet.

Deshalb fordern wir den Senat auf, ein Konzept für die schritt­weise Öffnung der Ein­richtungen zu entwickeln, welches auch den Gesund­heits­schutz der Fach­kräfte be­rücksichtigt. Dabei sollten folgende Punkte eingepflegt werden:

  • Um Kitas und Fach­kräften Planungs­sicher­heit zu bieten, wäre eine Strategie, die eine prozentuale Aus­lastung der Ein­richtungen vor­schreibt, sinnvoll. Diese sollte von einer ab­ge­stuften Fest­legung der be­treuungs­be­rechtigten Personen­gruppen ergänzt werden. Nur so können Kitas und Fachkräfte auf Dauer mit festen Strukturen planen.
  • Um die Sicher­heit der Fachkräfte und die gesund­heit­lichen Risiken für Familien zu reduzieren, sollte die gesamte päda­go­gi­sche Arbeit in kleinen und konstant zusammen­ge­setzten Gruppen statt­finden. Eine Mischung der Gruppen ist zu vermeiden. wieviel Kinder max. in einer Kleingruppe auf­einander­treffen dürfen. Eine Öffnung der Kitas für weitere Zielgruppen ist dann ggf. über ein modularisiertes Angebot, wie im Folgenden beschrieben, möglich.

Familien brauchen Lösungen

Wir wollen schnelle und kurzfristige Lösungen anbieten, um die beschriebene Not zu lindern und der Bedeutung von Kindern und Familien in unserer Gesellschaft einen angemessenen Stellenwert zu geben. Zur Unterstützung der Familien sind uns mehrere Punkte wichtig. Dabei geht es ausdrücklich darum, zwei Herangehensweisen miteinander zu verbinden. Es muss zum einen darum gehen, im Rahmen dessen, was das Infektionsgeschehen zulässt, die Betreuungsmöglichkeiten auszuweiten. Hier halten wir daran fest, dass die Betreuung – wenn es das Infektionsgeschehen zulässt – schnellstmöglich ausgeweitet werden muss, sodass früher als zum 1.8. eine Betreuung – in welchem Maß auch immer – für alle Eltern wieder möglich ist. Bei einer Ausweitung der Betreuung ist der Gesundheitsschutz der pädagogischen Fachkräfte vor Ort (z.B. durch Schutzmasken, Einmalhandschuhen und Desinfektionsmitteln und Anpassung der Reinigungs- bzw. Desinfektionsintervalle) zu beachten. Es muss zum anderen aber auch zweigleisig geplant werden: Soweit das Infektionsgeschehen keine vollständige Ausweitung der Betreuung in Kitas zulässt, müssen die betroffenen Familien auch durch andere Maßnahmen unterstützt werden, um die Situation leichter bewältigen zu können.

Kriterien für eine Ausweitung der Notbetreuung

Familien, in denen Eltern systemrelevanter Beschäftigung nachgehen, brauchen besondere Unterstützung. Die Liste der anspruchsberechtigten Berufsgruppen muss analog zu den stattfindenden Lockerungen erweitert werden. Essentiell ist, dass jede Familie als anspruchsberechtigt gelten muss, in der ein Elternteil in einer als systemrelevant eingestuften Branche arbeitet – unabhängig davon, ob dieser Elternteil auch in Home Office arbeiten kann. Alles andere führt dazu, dass das andere Elternteil im Zweifel die Alleinlast der Betreuung tragen muss und i.d.R. einer eigenen Beschäftigung kaum noch nachgehen kann. Darüber hinaus unterstützen wir die Planung des Senats, Kinder von Alleinerziehenden, Kinder aus dem letzten Kitajahr sowie Kinder, die besondere Herausforderungen haben, zuerst wieder in den Kitabetrieb zu integrieren. Zur letzteren Gruppe sollten Kinder gehören, die bspw. aus Familien mit auffälligen innerfamilialen Bindungsproblematiken wie mangelnde Bedürfniswahrnehmung aufseiten des Kindes, Partnerschaftskonflikte, emotionales Eskalationspotential stammen sowie Kinder aus Familien, die in stark beengten und herausfordernden Wohnverhältnissen leben. Das Angebot sollte auch Integrationskinder berücksichtigen.

Jedes Kind ist uns wichtig

Wir müssen so ehrlich sein: es kann nicht für alle Kinder einen Platz in der Notbetreuung geben. Aber natürlich haben alle Kinder das berechtigte Bedürfnis nach Kontakt zu anderen Kindern, das Bedürfnis nach ausreichend Platz zum Spielen und Toben und ein Recht auf Bildung und Förderung. Gerade die Kleinsten sind auf unsere Unterstützung angewiesen und haben unseren Schutz verdient. Das gebietet auch die UN Kinderrechtskonvention, in der u.a. die Rechte von Kindern auf Kontakte, auf Spiel und Teilhabe sowie Recht auf Schutz festgeschrieben sind. Deshalb wollen wir mehr Kindern Zugang zur Kita bieten. Dies könnte in einem modularisierten Verfahren geschehen. Neben den zuvor genannten Kindern, die Anspruch auf eine tägliche Betreuung haben, könnten perspektivisch in weiteren Schritten Kinder für zwei (bspw. montags und dienstags) bzw. drei Tage (mittwochs bis freitags) in der Woche in festen Gruppen betreut werden. Dies würde die Betreuung von generell mehr Kindern ermöglichen und insbesondere berufstätige Eltern teilweise entlasten. Wir fordern die Berliner Landesregierung deshalb auf, ein entsprechendes Konzept für ein dynamisches Brückenangebot von Kitas zu erarbeiten. Die Frage der Priorisierung unterschiedlicher Konstellationen muss die Betreuungsbedarfe von Eltern, deren jeweiligen Risikohintergrund und die Situation der Kinder gleichermaßen in den Blick nehmen und sollte berlinweit typisierend geregelt werden.

Kontakt und Bildungsangebote

Kontakte mit anderen Kindern und liebevollen Pädagog*innen sind für Kinder und ihre Entwicklung fundamental. Das Berliner Bildungsprogramm und das Sprachlerntagebuch bieten zudem den inhaltlichen Rahmen der frühkindlichen Bildung an Berliner Kitas. Wir wissen, dass nicht alle Kinder zu Hause gleichermaßen gefördert werden (können). Es ist eine sozialdemokratische Grundüberzeugung, hier zu unterstützen und Bildung und Erziehung für alle Kinder zu ermöglichen.

  • Kontakt im kleinen Kreis
    Kinder brauchen den Kontakt zu anderen Kindern. Gerade unter den ganz Kleinen (u3) gibt es viele Einzelkinder, denen nun bereits seit fünf Wochen jeglicher Kontakt zu Gleichaltrigen verwehrt ist. Auch im Sinne ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung ist eine Lockerung der Kontaktsperre, bspw. für einen privaten Betreuungskreis (s.u.) zwingend geboten und aufrecht zu erhalten.
  • Aufsuchende Betreuung
    Pädagogische Fachkräfte könnten unter Wahrung des Gesundheitsschutzes ihre Bezugskinder zu Hause aufsuchen- Kontaktbeschränkungen sind entsprechend anzupassen.
  • Digitale Angebote
    Digitale Angebote der Kitas ersetzen nicht die Beziehung zu und direkte Interaktion mit Erzieherinnen und Erziehern. Während der Schließung der Einrichtungen können sie aber einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Kontakt aufrechterhalten und sollten deshalb wen möglich flächendeckend angeboten werden (z.B. ein digitaler Morgenkreis). Das gibt einerseits die Möglichkeit die Kinder zu sehen und sich von ihrem Wohlergehen zu überzeugen, andererseits schafft es Struktur für den Tag, kann vielleicht Spielanregungen für die weitere Tagesgestaltung geben und gibt den Kindern die Möglichkeit, ihre Freunde wiederzusehen und den Kontakt zu ihrer Gruppe zu halten. Die Senatsverwaltung erarbeitet gemeinsam mit den Trägern einen Leitfaden, welche digitalen Angebote wie sinnvoll eingesetzt werden können.
  • Materialien und Bastelanleitungen
    Angelehnt an das Berliner Bildungsprogramm sollten allen Familien Arbeits- und Bastelmaterialien von der Kita zur Verfügung gestellt werden sollen, die eine Förderung im häuslichen Bereich ermöglicht. Die Senatsverwaltung erarbeitet gemeinsam mit den Eigenbetrieben und freien Trägern einen Leitfaden, welche Materialien sinnvoll eingesetzt werden können und wie diese die Familien erreichen.
  • Verantwortungsvolle schrittweise Öffnung von Bibliotheken
    Unsere Bibliotheken nehmen eine wichtige Stellung ein bei der Bildung unserer Kinder, auch schon im Vorschulalter. Daher soll ein Konzept erarbeitet werden, wie zumindest für Familien mit Kindern die Angebote der Bibliotheken möglichst einfach und risikoarm schnell wieder nutzbar gemacht werden können. Soweit als nötig, müssen pädagogische Fachkräfte aus anderen (derzeit geschlossenen) Bereichen hier kurzfristig um Unterstützung gebeten werden, sei es innerhalb von Kitas, sei es bei weiteren Maßnahmen, beispielsweise als Spielplatzpaten (s.u.).

Ein weiterer Punkt ist die Betreuung der Kinder außerhalb der pädagogischen Einrichtungen, damit die Eltern arbeiten können. Auch da wollen wir Eltern unterstützen.

  • Lockerung der Kontaktbeschränkungen für Familien
    Eltern sollen sich im kleinen Rahmen (3 – 5 Familien) mit anderen Eltern zusammentun dürfen, um sich gegenseitig zu unterstützen (falls notwendig mit eidesstattlichen Erklärungen und Buchführung, wer dabei ist). Wir begrüßen deshalb, dass die private Betreuungshilfe für Kinder durch die letzte Neufassung der Eindämmungsverordnung in die Ausnahmen aufgenommen wurde. Damit die neuen Möglichkeiten genutzt werden könne, sollte den Senat jetzt den Familien verständlich vermitteln, was erlaubt ist und was nicht.
  • Babysitter-Fonds
    Im Sinne “Ein Babysitter – eine Familie” werden erstens Kontaktbeschränkungen gelockert. Zweitens wird eine Vermittlungsplattform zwischen betroffenen Familien und möglichen Babysittern (z.B. sind vielen Studierenden Nebenjobs weggebrochen) geschaffen, die alle Teilnehmenden auf Kontaktregeln und Hygienemaßnahmen vertraglich verpflichtet. Drittens wird über einen Babysitter-Fonds finanzielle Unterstützungen für entstehende Kosten ermöglicht.

Platz zum Spielen

Kinder brauchen Platz zum Spielen. Gerade in Berlin, wo Platz eine knappe Ressource ist, sind öffentliche Spielplätze wichtige Lern- und Erfahrungsräume für Kinder. Durch die Schließung der Spielplätze ist, insbesondere in hochverdichteten Gebieten Berlins, diese Möglichkeiten für viele Kinder weggefallen. Das konnte zu psychischen Belastungen und zu erhöhtem Stress und Konflikten in der Familie führen. Die Wiederöffnung der Spielplätze hat die Situation entspannt.
Solange Spielplätze aber nur eingeschränkt zugänglich sind oder neue Schließungen drohen, braucht es im dicht besiedelten Berlin zwingend Alternativen, um Kindern Spiel, Bewegung und Erfahrungen zu ermöglichen.

  • Spielstraßen
    Nach dem Vorbild Wien sollten zusätzlich wenig befahrene Straßen zumindest zeitweise in Spielstraßen umgewandelt werden – nur so haben Kinder eine Chance i, das notwendige Aktivitätslevel zu erreichen und gleichzeitig genügend Abstand z.B. beim Fahrrad oder Rollschuh fahren einhalten zu können.
  • Sportstätten
    Für die bisher geschlossenen ungedeckten Sportstätten muss geprüft werden, inwiefern sie Hygiene- und Abstandsregeln-konform für Kinder und Familien zugänglich gemacht werden können. Auch hier ist ein Konzept zu entwickeln.
  • Kinder- und Kleinkindturnstunden – bestenfalls in kleinen, festen Gruppen – könnten in ungedeckten Sportstätten oder Parks, an der frischen Luft mit ausreichend Platz für jedes einzelne Kind, angeboten werden. So würde gleichzeitig auch etwas für die Arbeitnehmer*innen getan werden, die als Turnlehrer*innen arbeiten und denen derzeit ihre Arbeitsgrundlage weggebrochen ist.
  • Museen und Zoos/Tierparks
    Außerdem könnten Museen und Zoos nur für Familien geöffnet werden und mit Ticketsystemen vorab der Eingang gesteuert werden.

Kinder gesund ernähren, Eltern entlasten

Für eine ausgewogene Ernährung und die Versorgung mit gesundem Frühstück, Mittag- und Abendessen brauchen Familien vor allem viel Zeit für Zubereitung und Einkäufe. Wer die nicht hat, greift im Zweifel zum Fertiggericht oder auf einfache, weniger ausgewogene Mahlzeiten zurück. Gleichzeitig ruht bei zahlreichen Kita-Versorgern wie Caterern und Großküchen die Arbeit; laufende Verträge werden nicht erfüllt, die wirtschaftliche Grundlage entfällt. Eine für beide Seiten nachhaltige und entlastende Lösung wäre eine Versorgung durch “Essen auf Rädern” für von Kita-Schließungen langfristig betroffene Familien. Vorgekochte, gesunde Gerichte zum Aufwärmen durch Lieferungen nach Hause würden Familien ganz praktisch und unkonventionell entlasten und würden eine logistisch mögliche, neue Geschäftsgrundlage für die von der Kita-Schließung betroffenen Dienstleister eröffnen. Ähnlich dem Kita-Essens wird die Versorgung für interessierte Familien durch das Land Berlin finanziell unterstützt. Hierfür könnte auch der Einsatz von Mitteln aus dem Bildungs- und Teilhabepaket geprüft werden.

Verantwortungsbewusste Eltern

Alle diese Maßnahmen stehen natürlich unter dem Vorbehalt, dass sich insbesondere die Eltern dazu verpflichten, Hygienemaßnahmen und Mindestabstände zu beachten und deren Einhaltung zu verfolgen. Dazu gehört auch die Verantwortung der Eltern, die Kinder zu Hause zu betreuen, soweit diese auch nur leichte Symptome zeigen. Ohne Selbstdisziplin der Erwachsenen, eigenverantwortlich mit neuen Spielräumen umzugehen, werden Lockerungen nicht dauerhaft möglich sein. Wenn es nicht gelingt, die Infektionszahlen weiterhin auf einem bewältigbaren Niveau zu halten, können bzw. müssen diese Lockerungen wieder aufgehoben werden. Das muss allen ständig bewusst sein.

Berlin als Vorbild für andere Bundesländer

Die hier beschriebenen Maßnahmen könnten auch für andere Bundesländer umgesetzt werden und sollten daher in die Bund-Länder-Arbeitsgruppe unserer Familienministerin einfließen.
Das Land Berlin sollte bei den Maßnahmen in Zuständigkeit der Bezirke eine koordinierende Rolle übernehmen. Neben den auf Landes- und kommunaler Ebene zu regelnden Maßnahmen fordern wir auch von der Bundesebene, Familien Erleichterung zu verschaffen und deutlich zu machen: wir lassen euch nicht alleine! Eine Ausweitung des Anspruchs nach Kompensation über das Infektionsschutzgesetz reicht da bei weitem nicht aus.

Insbesondere ist uns wichtig, dass die Maßnahmen sowohl die Kinderperspektive als auch die Elternperspektive im Blick haben und zur Gleichstellung der Geschlechter beitragen. Wir fordern die Parteispitze, die SPD Bundestagsfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung daher auf:

  • Eine Grundlage zu schaffen, auf der Arbeitgeber für die Gewährung von 10 Tage Sonderurlaub für jedes Elternteil unter Fortzahlung der Löhne (§ 616 BGB) finanziell unterstützt werden, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kurzfristig zu entspannen.
  • Eine existenzsichernde Corona-Hilfe für Familien einzuführen: Eltern jüngerer Kinder, die aufgrund der Schließung von Schulen und Kitas nicht voll erwerbstätig sein können, sollte eine Lohnersatzleistung gezahlt werden. Die Höhe sollte sich an der Höhe des Kurzarbeitergeldes orientieren. Dabei dürfen keine unangemessenen Ausschlusskriterien für die Bezugsberechtigung aufgebaut werden – Homeoffice ist keine Betreuungsform, Erholungsurlaub nicht fürs Homeschooling gedacht. Die Regelung sollte klare Anreize zur partnerschaftlichen Arbeitsteilung beinhalten.