GeldscheineFionn Große

Berliner Stimme 2|2020: Und jährlich grüßt das Murmeltier

21 Prozent – so groß ist aktuell die Gehaltslücke zwischen Frauen und Männern. An diese Tatsache erinnert jedes Jahr der Equal Pay Day. Für Lisa Frerichs sind Lohnunterschiede kein selbstgewähltes Schicksal von Frauen, sondern das Ergebnis politischer Entscheidungen. Was in Zukunft getan werden muss, beschreibt sie in ihrem Artikel.

In diesem Jahr findet der Equal Pay Day am 17. März statt. Das bedeutet: Frauen haben 77 Tage lang umsonst gearbeitet haben, da der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern 21 Prozent beträgt. Im Jahr 2010 betrug der Gender Pay Gap übrigens 23 Prozent, weshalb der Equal Pay Day am 26. März stattfand. Eine nennenswerte Verbesserung gibt es also leider nicht.

Problem bei Gender Pension Gap noch gravierender

Im europaweiten Vergleich ist Deutschland damit Schlusslicht, nur in Estland und in der Tschechischen Republik ist das Lohngefälle ausgeprägter. Noch gravierender wird das Problem, wenn wir uns den sogenannten Gender Pension Gap anschauen, der Auskunft über das eigene Alterssicherungseinkommen von Frauen gibt.

Lisa FrerichsFionn Große
Lisa Frerichs ist Referentin einer Staatssekretärin in einem Berliner Landesministerium.

Sie unterbrechen viel häufiger ihre Erwerbstätigkeit für Elternzeiten oder die Pflege von Angehörigen. Für letzteres gibt es (noch) nicht einmal eine Lohnersatzleistung.

Aktuell liegt die Lücke hier bei 59,6 Prozent. Umso wichtiger ist die nun beschlossene Einführung der Grundrente. Da Frauen sehr viel häufiger in Niedriglohnjobs oder in Teilzeit gearbeitet haben, werden schätzungsweise rund 85 Prozent der Personen, die den Rentenzuschlag bekommen werden, Frauen sein. Die Gründe für das Auseinanderklaffen von Lohn- und auch Rentenlücke sind vielfältig.

Zum einen fehlen Frauen in bestimmten Berufen, ganzen Branchen und in Führungspositionen. Frauentypische Berufe werden gesellschaftlich nach wie vor unterbewertet und schlechter bezahlt. Obwohl Frauen schon seit vielen Jahren besser ausgebildet sind als Männer, herrschen immer noch überwunden geglaubte Rollenbilder vor, die die Berufswahl beeinflussen und dazu führen, dass Frauen sehr viel mehr unbezahlte Sorgearbeit leisten als Männer.

Frauentypische Berufe werden gesellschaftlich nach wie vor unterbewertet und schlechter bezahlt.

Sie unterbrechen viel häufiger ihre Erwerbstätigkeit für Elternzeiten oder die Pflege von Angehörigen. Für letzteres gibt es (noch) nicht einmal eine Lohnersatzleistung. Den Rest erledigt das Ehegattensplitting, das seit seiner Einführung im Jahr 1958 unverändert geblieben ist und deshalb ebenfalls nach wie vor für Frauen nachteilige Anreize setzt.

Bezeichnend ist die Begründung der damaligen CDU-geführten Regierung, dass die Regelung „eine besondere Anerkennung der Funktion der Ehefrau als Hausfrau und Mutter“ erwirke. Aufgrund all dieser Faktoren drohen heute noch rund 75 Prozent der Frauen zwischen 35 und 50 Jahren später die Altersarmut. Neben den genannten Gründen liegt das auch daran, dass sie sich weniger intensiv mit Geld auseinandersetzen als Männer.

Doch all das bringt nichts, wenn Frauen überproportional oft gezwungen sind, in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu arbeiten oder sich von einer Projektarbeit zur nächsten zu hangeln – und am Ende kein Geld übrig bleibt.

Es gibt mittlerweile viele gute Bücher, Blogs und sonstige Beratung zum Thema. Ein erster Schritt ist, sich frühzeitig mit dem eigenen Rentenbescheid zu beschäftigen, den jede und jeder ab dem 27. Lebensjahr abrufen kann. Es ist eine Binsenweisheit, dass Geld auf dem Sparbuch nichts mehr bringt, sondern sich eher Investieren lohnt, zum Beispiel in sogenannte Exchange-Traded-Funds, kurz ETF.

Doch all das bringt nichts, wenn Frauen überproportional oft gezwungen sind, in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu arbeiten oder sich von einer Projektarbeit zur nächsten zu hangeln – und am Ende kein Geld übrig bleibt. Deswegen muss besonders die SPD diese Missstände immer wieder benennen und für Veränderung laut sein – und das bitte nicht nur zum Weltfrauentag und Equal Pay Day.

Autor:in

Lisa Frerichs

Referentin

Referentin einer Staatssekretärin in einem Berliner Landesministerium

Lisa Frerichs