Michael Müller bei der Veranstaltung Medropolis

FA VII, Fachgruppe Gesundheitswirtschaft

Bericht zur Veranstaltung: Medropole.Berlin | Standort für Gesundheitswirtschaft

Bericht zur Veranstaltung vom 25. März 2019 |Friedrich-Ebert-Stiftung

Gemeinsam mit Expert_innen aus dem Fachausschuss Wirtschaft, Arbeit, Technologie der Berliner SPD, Akteur_innen der Berliner Gesundheitslandschaft und Branchenvertreter_innen diskutierte der Managerkreis der Friedrich-Ebert-Stiftung am 25. März 2019 über die Zukunft der Gesundheitswirtschaft Berlins.

Ziel war es, bestehende Strategien zur Stärkung der Gesundheitswirtschaft in der Hauptstadtregion zu reflektieren und, wenn nötig, neue zu entwickeln und die Grundlage für ihre Implementierung zu legen. Nach der Begrüßung durch Marei John-Ohnesorg, Geschäftsführerin des Managerkreises der Friedrich-Ebert-Stiftung, und Barbara Loth, Vorsitzende des Fachausschuss Wirtschaft, Arbeit, Technologie der SPD Berlin, stellten Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin, und Dilek Kolat, Senatorin für Gesundheit des Landes Berlin, in ihren Keynotes ihre Vorstellungen zur Bedeutung und Weiterentwicklung der Branche in der Hauptstadt vor.

Beide hoben die Relevanz der Branche nicht nur für eine gute Versorgung und als einer der bedeutendsten Arbeitgeber der Region hervor. Auch äußerten sie sich zuversichtlich, dass die am 25. März 2019 vorgestellten Vorschläge der „Expertenkommission Gesundheitsstadt Berlin 2030“ für die Zukunft der Gesundheitswirtschaft positive Einflüsse nehmen werden. Die enge Kooperation von wissenschaftlichen Institutionen mit den größten Anbietern der stationären (Maximal-)Versorgung werde das Innovationsgeschehen in der Hauptstadt weiter fördern.

Kernaussage des heute vorgestellten Berichtes ist: Wir können noch viel mehr erreichen mit unserem Potenzial, wenn Vivantes und Charité enger zusammen arbeiten! Sichergestellt werden soll dies in einer Institution, die für eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Ausbildung, Digitalisierung oder den internationale Aktivitäten der Häuser sorgt. Hierdurch kann auch eine bessere Abstimmung der Schwerpunktsetzung und Profilbildung erfolgen.

Michael Müller

Über die enge Kooperation mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin mit Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen berichtet Frau Dr. Grebe, Vorsitzende der Geschäftsführung von Vivantes – Netzwerk für Gesundheit, und damit Vertreterin einer der zentralen Gesundheitsversorger Berlins. Für sie unterstrichen die Vorschläge der „Expertenkommission Gesundheitsstadt Berlin 2030“ die bereits gelebte erfolgreiche Kooperation beider Häuser und bestätige somit die Strategie, die bereits in den vergangenen Jahren zur erfolgreichen Unternehmensentwicklung geführt habe. Aber nicht nur für ihr eigenes Haus sieht sie positive Entwicklungen voraus. Die Kooperation und auch der geplante institutionelle Rahmen bringe zudem strukturelle Vorteile für Entwickler und Anbieter aus der Gesundheitswirtschaft mit sich –  schon alleine durch die klaren Ansprechpartner, Zugangs- und Kommunikationswege.

Die Bedeutung der wissenschaftlichen Akteure unterstrich auch Prof. Stock in seinem Kommentar. Als erster Sprecher des Clusters Health Capital gestaltet er den Gesundheitsstandort schon lange aktiv mit und auch als heutiger Vorstandsvorsitzender der Einstein Stiftung ist er direkt am Innovationsgeschehen der Branche beteiligt. Für ihn lebe und profitiere die Berliner Gesundheitswirtschaft nach wie vor von den starken Life Sciences der Region. Da zudem Medizin und Gesundheitsversorgung immer wissenschaftlicher werde, könne diese Stärke auch den zukünftigen Wachstumskurs sichern. Für ihn ist die Attraktivität des Standortes aber auch über die wissenschaftlichen Institutionen hinaus förderlich. So konnte die Hauptstadt in den letzten Jahren alleine 70 hochkarätige Visiting Fellows für ein Engagement in Berlin gewinnen. Aber, so bestätigt Senatorin Kolat, nicht nur für Wissenschaftler ist die Stadt attraktiv.

Wir haben klare Assets! Warum wird hier gegründet und investiert? Berlin ist im Bereich Forschung und Lehre stark aufgestellt, aber auch einen weiteren Faktor dürfen wir nicht unterschätzen: Fachkräfte! Wirtschaft geht dahin, wo es ein hohes Potenzial an Fachkräften gibt. Berlin ist international mit einer weltoffenen Atmosphäre und Berlin hat weltweit eine positive Ausstrahlung – das ist auch für Unternehmen in der Gewinnung von Mitarbeiter*innen ein riesiges Plus!

Dilek Kolat

Auch in anderen Bereichen kann von vielversprechenden Entwicklungen berichtet werden. So konnten etwa für die Biotechnologie in der Region erfolgreich Impulse gesetzt werden. Ein verlässliches Investitionsgeschehen war für Prof. Stock ebenso wichtig wie ein kontinuierliches Angebot zur Stärkung von Netzwerken zwischen den Akteuren der Branche. Mit dieser Strategie könnten Erfolge auch für andere Sektoren erreicht werden. Dies bräuchte jedoch einen langen Atem.

Herr Albiez, Vorsitzender der Geschäftsführung von Pfizer Deutschland und seit 1. Januar 2019 neuen Clustersprechers HealthCapital Berlin-Brandenburg, wirbt in seinen Ausführungen für eine andere Perspektive auf die Branche. Selbstverständlich stehe bei der Gesundheitswirtschaft stets das Ziel einer qualitativ hochwertigen, innovativen Versorgung für den Patienten im Mittelpunkt. Und auch gelte es in unserem Solidarsystem die Kosten im Blick zu behalten; Gesundheitsversorgung, Wissenschaft und Lehre und die Akteure der vielfältigen Gesundheitswirtschaft seien aber hier nicht als unterschiedliche Pole zu begreifen. Sie stellten grade in Berlin ein einzigartiges, gemeinsames Potenzial dar, dass es zu nutzen gilt und von dem sowohl Wirtschaft und Versorgungsgeschehen in der Region direkt profitieren könnten. Damit sie sich gegenseitig weiter stärken, müssten Foren zur Netzwerkbildung gepflegt und Interessen, wo möglich, zusammengeführt werden. Dafür seien zwar auch Investitionen nötig, vor allem aber verlässliche und kontinuierliche Kommunikations- und Vernetzungsangebote.

Die Frage stand im Raum, welche Möglichkeiten Berlin hat, die Potenziale der Gesundheitswirtschaft sowohl für die eigene Versorgungsrealität als auch die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. In den von Steffen Krach, Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, und Martin Matz, Staatsekretär für Gesundheit, moderierten Themenpanels zum Innovationsstandort Berlin bzw. zur Digitalisierung der Gesundheitsbranche wurde schnell klar, dass der unternehmerische Erfolg im hochgradig regulierten Gesundheitsmarkt grade für neue Marktakteure hürdenreich ist. Diese Regulierungen seien zwar weiter für die Sicherheit und die hohe Qualität der Versorgung notwendig, aber insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen der Gesundheitswirtschaft häufig intransparent. Diese Akteure könnten beispielsweise von „Translations-Angeboten“ profitieren, also Ansprechpartner_innen, Business-Angel oder Mentorenprogrammen, die Unternehmen beratend zur Seite stehen, damit sie ihre innovativen Produkte und Lösungen auch in die (Regel)Versorgung überführen können. Vorgeschlagen wird, dass die großen Berliner Akteure sich einer kleinen Auswahl an konkreten, innovativen Start-Up Lösungen annimmt und mit ihnen gemeinsam den Weg in die weitere Implementierung geht.

Schließlich müsse Berlin prüfen, ob Regulierung und Marktzugangswege nicht transparenter und damit planbarer gestaltet werden könnten. Berlin sollte sich für entsprechende Initiativen sowohl im Bundesrat als auch in Europa stark machen.

Konkret wurde von allen Teilnehmer_innen die Bedeutung von Kommunikations- uns Netzwerkräumen hervorgehoben. Die Akteure aus Gesundheitsversorgern, wissenschaftlichen Institutionen und Verbänden bräuchten gemeinsam mit der Vielfalt der Gesundheitswirtschaft Orte des Austausches, der gegenseitigen Inspiration. Grade Berlin, so zum Abschluss der Konferenz auch Thomas Isenberg, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus von Berlin, könne dies alleine schon durch die räumliche Konzentration der Akteure besser als andere Regionen mit Leben erfüllen. Hierfür sei es nicht nötig, neue Institutionen zu schaffen. Stattdessen bedürfe es lediglich einer strategisch verfolgten Belebung, einer bestenfalls ressortübergreifenden, politisch untermauerten Schirmherrschaft, die der Branche vermittelt: Berlin steht zur Gesundheitswirtschaft!

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