Landesvorstand: Keine weitere Ab­schwächung des Flüchtlings­rechts

Keine weitere Abschwächung des Flüchtlingsrechts: Ablehnung der „Verordnung im Fall von Krisen, höherer Gewalt und Instrumentalisierung“ in ihrer jetzigen Form

Beschluss des SPD-Landesvorstands vom 4.9.2023:

  1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, der „Verordnung im Fall von Krisen, höherer Gewalt und Instrumentalisierung“ im JI-Rat nicht zuzustimmen, sollten die im aktuellen Text enthaltenen Abschwächungen der derzeitigen Standards für die Registrierung, Unterbringung und rechtliche Verfahren unter Berufung auf „Instrumentalisierung“, Krisen und „force majeure“ zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht vollständig entfernt worden sein.
  2. Die SPD-Mitglieder der S&D-Fraktion im EU-Parlament werden aufgefordert, sich bei den Verhandlungen mit dem Rat für die Rechte schutzsuchender Menschen einzusetzen und jegliche Einigung abzulehnen, die diese Grundstandards missachtet. Dies muss insbesondere auch in Fällen von Krisen, höherer Gewalt (,force majeure‘‘) und Instrumentalisierung gelten. 

Begründung:

Die Innenminister*innen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich am 08.06.2023 auf eine Verhandlungsposition zur Asylverfahrensverordnung (AsylVerf-VO) und zur Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement (AMM-VO) geeinigt.

Die Verhandlungen des Rats für die Verordnung im Fall von Krisen, höherer Gewalt und Instrumentalisierung („Krisenverordnung“)  finden darüber hinaus derzeit noch statt und sollen in den kommenden Wochen abgeschlossen werden. Der hierfür durch die schwedische Ratspräsidentschaft vorgelegte Text würde es den EU-Mitgliedsstaaten erlauben, im Falle einer „Instrumentalisierung“ oder „höherer Gewalt“ die Menschenrechte von Asylantragsstellenden vollkommen zu suspendieren sowie europäische Vorschriften für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen unter Ausrufung von Ausnahmezuständen unter jegliches Minimum der Menschenwürdigkeit abzusenken. Zudem wäre es Mitgliedsstaaten erlaubt, sämtliche in den derzeitigen Rats- und Parlamentsvorschlägen für die GEAS-Reform für die Ausnahme von Grenzverfahren vorgesehenen vulnerablen Gruppen – unbegleitete und begleitete Kinder, Menschen mit Behinderungen, Traumatisierte – sehr wohl unter haftähnlichen Bedingungen in die Grenzverfahren aufzunehmen oder gar über mehrere Wochen nicht zu registrieren, was die Gefahr von Pushbacks erhöht.

Die Bundesregierung hat sich im Dezember 2022 dagegen ausgesprochen, die bereits damals durch die tschechische Ratspräsidentschaft vorgelegten Vorschläge für den Fall einer Instrumentalisierung in die Krisenverordnung aufzunehmen. Da die Verordnung jedoch einen verpflichtenden Teil der GEAS-Reform darstellen soll, ist zu befürchten, dass die Bundesregierung nun abermals Kompromisse „mit Bauchschmerzen“ eingehen wird, um kein Scheitern der Reform zu riskieren.