BERLINER STIMME: Wie ist die Situation in der Berliner Wirtschaft angesichts der derzeitigen Energielage?
Stephan Schwarz: Die Berliner Wirtschaft ist vergleichsweise gut durch die Coronapandemie gekommen und hat sich als robust erwiesen. Wir haben ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum als der Bundesdurchschnitt. Das Neustartprogramm mit 330 Mio. Euro für Wirtschaft und Kultur war genau richtig und wirkt weiter. Das heißt, wir sind aus einer starken Position in die nächste Krise gekommen.
Im Vorfeld gab es Befürchtungen, dass die Insolvenzen zunehmen. Können Sie beruhigen?
Wir sind im ständigen Austausch mit den Verbänden. Sie vermelden bis jetzt keine Zunahme an Insolvenzen. Berlin hat zusätzlich mit dem Liquiditätsfonds als erstes Bundesland einen 100-Millionen-Euro-Schutzschirm gespannt, um Unternehmen vor der Zahlungsunfähigkeit zu retten. Die Anzahl der Anträge ist angesichts der Gesamtsumme überschaubar – das ist eigentlich ein gutes Zeichen.
Wird es weitere Hilfen für die Unternehmen geben?
Die Gas- und Strompreisbremsen vom Bund sind der wichtigste Hebel für die Wirtschaft – und auch für die Berlinerinnen und Berliner. Die Übernahme des Dezemberabschlags bedeutet für kleinen und mittleren Unternehmen und Privathaushalte eine spürbare Entlastung. Als Land werden wir die Wirtschaft noch weiter unterstützen. Wir sorgen in jedem Fall für Menschen mit Öl- und Pelletheizung. Insgesamt kann ich sagen: Berlin liefert! Und hat als erstes Bundesland jetzt ein Paket in Höhe von drei Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Wir lassen die Menschen und die Unternehmen in dieser Krise nicht allein.
Inwieweit profitiert die Wirtschaft vom Nachtragshaushalt, den das Abgeordnetenhaus beschlossen hat?
Unbedingt! Die weiteren Entlastungs- und Fördermaßnahmen für die Wirtschaft betragen insgesamt 343 Mio. Euro. Sie setzen sich zusammen aus 200 Millionen Euro Energiekostenhilfen für Unternehmen sowie 75 Millionen Euro Hilfen für Entlastung bei Öl- und Pellets-Kostensteigerungen für private Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen. Mit den zusätzlichen Mitteln im Energiebereich und für die Kulturwirtschaft haben wir mit insgesamt 773 Millionen auf ein großes Gesamtpaket für die Berliner Wirtschaft! Das ist sehr viel Geld! Meine Verwaltung arbeitet mit Hochdruck, um die Umsetzung so schnell wie es geht zu realisieren.
Sie sind auch BVG-Aufsichtsratschef: Was bedeutet Ihnen das 29-Euro-Ticket?
Sehr viel! Mit dem 29-Euro-Ticket hat unsere Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey eine Unterstützung für die Berlinerinnen und Berliner auf den Weg gebracht, die direkt in dieser schwierigen Zeit hilft. Es schont spürbar den Geldbeutel und stärkt gleichzeitig Teilhabe für alle. Zählt man alle Unterstützungsmaßnahmen zusammen, haben die Menschen mehr Mittel für konsumtive Ausgaben. Ich hoffe, dass davon der Einzelhandel profitiert, der besonders unter den verschiedenen Krisen leidet. Der Handel sichert in Berlin viele Arbeitsplätze, das darf man nicht vergessen.
Das 29-Euro-Ticket wurde im ABO bisher erfolgreich 160.000-mal verkauft. Es soll auch 2023 fortgeführt werden – ist das ein richtiger Schritt?
Das 29-Euro-Ticket hat auch eine besondere Wirkung. Mehr Menschen nutzen durch das 29-Euro-Ticket die Öffis, sie sehen wie attraktiv unser ÖPNV ist. Wir stärken so die Mobilität und reduzieren gleichzeitig Verkehr in der Stadt. Damit kommen wir der klimagerechten Stadt einen großen Schritt näher. Als Wirtschaftssenator ist mir natürlich wichtig, dass der Liefer- und Wirtschaftsverkehr seinen Raum hat. Denn stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie möchten umziehen und dürfen nicht mehr vor der Tür parken, sondern müssten Ihre Möbel drei Straßen weitertragen – kein schöner Gedanke! Das wünsche ich auch keinem Unternehmen bei der täglichen Arbeit.