Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im AGHSPD Berlin/Sebastian Thomas

Berliner Stimme 3|2020: Nach Corona: ÖPNV muss Vertrauen zurück­gewinnen

Die Coronakrise wird ein Ende haben. Den genauen Zeitpunkt weiß jedoch noch niemand. Was feststeht: Die Welt wird nicht mehr so sein wie vorher. Alles wird anders sein – auch die Mobilität in Berlin. Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, gibt dazu eine Prognose ab.

Sicherlich haben wir alle keine Glaskugel, jedoch zeichnet sich neben vielen Fragen aus meiner Sicht auch bereits einiges ab. Ich gehe davon aus, dass diese einschneidende Krise einiges an Veränderung mit sich bringen wird. Eine der Hauptfragen wird sein, wie sehr die Berlinerinnen und Berliner wieder auf Bus, Straßenbahn, U-Bahn und S-Bahn setzen werden.

Die Angst vor Ansteckung sowie die fehlende Möglichkeit, Sicherheitsabstände einhalten zu können, wird sicherlich viele zunächst zögern lassen, auf altbewährte Mobilitäts­angebote zurück­zu­greifen. Ließe sich der ÖPNV auch binnen einer Woche wieder auf 100 Prozent hochfahren, so muss er zweifelsohne wieder um Vertrauen kämpfen.

Sicherheit und Zuverlässigkeit

Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im AGHSPD Berlin/Sebastian Thomas
Tino Schopf ist verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.

Sicherheit und Zuverlässigkeit stehen hierbei im Mittelpunkt. Doch dies ist schaffbar. Regelmäßige Reinigungen, automatisches Türenöffnen, ein höherer Takt zur Entlastung der Fahrgastzahlen pro Zugeinheit, all dies sind Stellschrauben, die den Menschen glaubhaft zeigen werden: Schaut her, ihr könnt den Berliner ÖPNV gefahrlos nutzen!

Darüber hinaus muss es ein verstärktes Angebot außerhalb von Stoßzeiten geschaffen werden. Die Fahrgäste sollen wahrnehmen, dass das Angebot vor sowie nach dem Berufsverkehr ebenfalls solide ist, so dass sie animiert werden, eventuell einen Bus früher oder eine Tram später zu nehmen. Wie sich die Nachfrage des ÖPNV jedoch in Gänze entwickeln wird, hängt von vielerlei spekulativer Faktoren ab.

Kann Home-Office das Büro ersetzen?

Und hier stellen sich für mich die Fragen: Inwieweit werden Unternehmen für ihre Angestellten die neu erprobten Home-Office Lösungen nutzen? Jene, die nicht mehr angehalten sind, morgens in Büro zu fahren, fallen als Fahrgäste aus! Inwieweit kann das Home-Office den Arbeitsplatz im Büro wirklich eins zu eins ersetzen? In der Berliner Verwaltung sind aktuell nur rund vier Prozent der im Home-Office tätigen Angestellten voll arbeitsfähig.

Wie wird sich der Transport von Schülerinnen und Schülern entwickeln? Könnte ein späterer Schulbeginn die morgendliche Rushhour entlasten? Für uns als SPD-Berlin ist klar: Auch wenn mehr und mehr Pendlerinnen und Pendler begrüßenswerter Weise auf das Rad setzen, wird der ÖPNV weiterhin ein unverzichtbarer Bestandteil der Berliner Mobilität bleiben.

Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im AGHSPD Berlin/Sebastian Thomas
Auch wenn mehr und mehr auf das Rad setzen, wird der ÖPNV ein unverzichtbarer Bestandteil der Berliner Mobilität bleiben, so Tino Schopf.

Knapp vier Millionen Einwohnerinnen und Einwohner und Touristinnen und Touristen können größere Distanzen nicht ausschließlich mit Auto und Fahrrad zurücklegen. Unsere Stadt benötigt nach Corona einen nicht weniger attraktiven Angebotsmix aus ÖPNV, Rad und individueller Mobilität.

Da die Berliner Mobilität nicht ohne jene in Brandenburg gedacht werden kann, wünsche ich mir ein starkes Signal beider Landesregierungen, bedeutungsschwanger der Regierungschefs Michael Müller und Dietmar Woidke, gemeinsam mit dem Zepter einer modernen Verkehrspolitik voranzuschreiten.

ino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im AGHSPD Berlin/Sebastian Thomas
„Wer die U-Bahn in Berlin stärken möchte bekommt dies nur mit der SPD.“

Denn: Mit der „Rahmenvereinbarung über das Entwicklungskonzept für die Infrastruktur des Schienenverkehrs in Berlin und Brandenburg – i2030″ und dem „Nahverkehrsplan Berlin 2019-2023“ setzen wir die aus meiner Sicht richtigen Akzente und stärken die bestehende Verkehrsinfrastruktur, in dem wir beispielsweise den Ausbau zweigleisiger S-Bahnstrecken voranbringen und ferner in sichere und barrierefreie Mobilität investieren.

Und es wird mehr und mehr deutlich: Wer die U-Bahn in Berlin stärken möchte bekommt dies nur mit der SPD. Allzu lange haben sich Linke und Grüne in die Büsche geschlagen, wenn es darum ging, Flagge für die Berliner U-Bahn zu zeigen. Zu vielstimmig ist der Chor all jener, die sich Klimaneutralität bei der Mobilität wünschen, dies jedoch nicht realistisch mit Leben füllen können.

Wir benötigen einen intelligenten Ausbau des U-Bahnnetzes in Kombination mit dem Ausbau des Straßenbahnnetzes.

Für mich gilt: Wir benötigen einen intelligenten Ausbau des U-Bahnnetzes in Kombination mit dem Ausbau des Straßenbahnnetzes. Mittel- und langfristig bietet der ÖPNV aus meiner Sicht in einer Großstadt wie Berlin die größten Ressourcen. Klimaneutral, belastbar, sicher, zuverlässig und robust. Das alles wird auch in der Post-Corona-Zeit nicht in Abrede gestellt werden können.