Seit 15. Juni vergangenen Jahres sind Deutschlands Straßen um ein Fortbewegungsmittel reicher: der E-Scooter. Mittlerweile sind die Elektroroller in jeder deutschen Metropole angekommen. Für Tobias, SPD-Mitglied in Schöneberg, hat der E-Roller durchaus Vorteile. Für Nicolai, Mitglied der SPD in Neukölln, ist das neue zweirädrige Verkehrsmittel hingegen überflüssig.
Tobias von dem Berge
PRO
Mit Hinblick auf die Klimakrise müssen wir zunehmend Alternativen zum Individualverkehr finden und auch testen. Hierbei ist es von entscheidender Bedeutung, dass alle Berlinerinnen und Berliner von einem modernen ÖPNV profitieren. Um allen einen guten Anschluss an den Öffentlichen Nahverkehr zu ermöglichen, müssen wir insbesondere außerhalb des S-Bahn Rings alle Möglichkeiten nutzen, um den Menschen den öffentlichen Nahverkehr so schmackhaft wie möglich zu gestalten.
Die Menschen müssen auch, selbst wenn sie keine S-Bahn- oder Tramhaltestelle in ihrer näheren Umgebung haben, gut an den Nahverkehr angeschlossen sein. Das erreichen wir am besten durch die Verwendung von E-Scootern oder von autonom fahrenden Bussen – natürlich in Verbindung mit einem bezahlbaren Ticket für ganz Berlin, indem auch die Preise den Verhältnissen der Berlinerin-nen und Berliner angepasst ist.
Dabei ist es besonders wichtig, dass die E-Scooter dort stehen, wo sie gebraucht werden und sich nicht im Innenstadtbereich häufen. E-Scooter im äußeren Ringbereich mit Ladestationen an den jewei- ligen S-Bahn- und Tramhaltestellen ermöglichen hierbei eine perfekte Einbindung in den ÖPNV und eine große Chance für klimafreundliche Mobilität in Berlin.
Nicolai Rehberg
CONTRA
1.008 Stunden beträgt die durchschnittliche Lebensdauer eines Miet-E-Scooters. Ein Produkt, dass in China unter fragwürdigen Bedingungen zusammengeschraubt wird. Ebenso ein Produkt aus Rohstoffen, die unter menschenunwürdigen und umweltfeindlichen Bedingungen abgebaut werden, wie Kobalt und Lithium.
Sind die E-Scooter auf ihrer langen Reise per Luft- und Seefracht in Deutschland angekommen, hat die Herstellung bereits Unmengen an CO2 verbraucht. Rechnet man die Herstellung mit ein, so kommen Forscherinnen und Forscher aus den USA auf einen CO2-Ausstoß von 126 Gramm pro Meile.
All dies wäre für mich vielleicht hinnehmbar, wenn die E-Scooter, wie angekündigt, einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende in unseren Städten leisten würden. Doch kein Auto oder Motorrad fährt seit der Einführung der E-Scooter weniger auf unseren Straßen. E-Scooter werden auch nicht wie erhofft, für den letzten Weg von der Bahn zum Büro benutzt, sondern nach ersten Auswertungen hauptsächlich am Wochenende – und das ganz im Sinne einer reinen Spaß- und Freizeitaktivität.
Zu Hunderten versperren Sie unsere Gehwege und warten darauf, vorranging von laufunwilligen Touristinnen und Touristen gemietet zu werden. Nicht nur die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung sind prekär, sondern auch für diejenigen, die die E-Scooter abends zum Aufladen einsammeln. Bereits vor über 100 Jahren wurden die ersten Elektroroller erfunden und vermarktet unter anderem von Krupp.
Das Gerät war ein Flopp und die Produktion bereits nach drei Jahren eingestellt. Nicht jedes Gerät verdient eine Renaissance. Was wir brauchen, sind viele kleine smarte Lösungen, die uns die Verkehrswende näherbringen. Ein 365-Euro-ÖPNV-Ticket müsste den Anfang einer breiten Verkehrswende machen. Zu dieser Wende gehören E-Scooter sicherlich nicht.