Franziska Giffey

Franziska Giffey: „In dieser Krise wird sehr deutlich, dass die SPD in Berlin mehr denn je gebraucht wird“

Im BS-Interview erklärt Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, warum die SPD in der aktuellen Notlage den sozialen Zusammenhalt stärkt.

BERLINER STIMME: Was hast du in deinem ersten Jahr als Regierende Bürgermeisterin an Berlin schätzen gelernt?

Franziska Giffey: Ich bin ja seit vielen Jahren in Berlin politisch aktiv, kenne die Stadt und finde sie nach wie vor großartig. Aber im letzten Jahr habe ich in Berlin wieder besonders erlebt wie solidarisch die Menschen hier sind und wie sie helfen wollen. Weit über die Hälfte der Berlinerinnen und Berliner engagiert sich ehrenamtlich. Das hat man im vergangenen Jahr deutlich gesehen. Außerdem ist Berlin vielfältig, innovativ und kreativ. Das erlebe ich auch jeden Tag als Regierende Bürgermeisterin. Ich begegne vielen Menschen, die ihre Erfahrungen, ihr Talent, ihre innovative Kraft zum Wohle unserer Stadt einbringen und das Leben hier dadurch besser machen. Sie alle ermöglichen Chancen, die genutzt werden müssen.

Unser Motto für den Wahlkampf lautet „Zusammen Berlin“. Was bedeutet das für dich, dass Berlin zusammensteht?

Bei vielen Herausforderungen, vor denen wir stehen, ist sozialer Zusammenhalt ganz entscheidend: Ob wir Menschen helfen, denen es nicht so gut geht, ob wir unsere Wirtschaft entwickeln, ob wir den Wohnungsbau voranbringen oder ob wir für eine sichere, saubere Stadt sorgen wollen – das geht nur gemeinsam. Wir können uns nur zusammen um Menschen kümmern, die zu uns aus dem Krieg fliehen. Nur gemeinsam werden wir es schaffen, dass Berlin eine vielfältige Stadt ist, in der Menschen frei leben und lieben können, wie und wen sie wollen. Das kann man auch nicht alles verordnen, sondern es muss auch aus der Stadtgesellschaft selbst kommen. Gerade Krisenbewältigung geht nur gemeinsam. Eine große Aufgabe lässt sich gemeinschaftlich besser tragen. Deshalb steht die SPD auch dafür, die ganze Stadt im Blick zu haben – nicht nur bestimmte Gruppen oder Einzelthemen. Zusammenhalt geht nur in der Balance aus wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Themen. Und vor allen Dingen bedarf es einer sozialen Politik, die für die Schwächsten in unserer Gesellschaft Unterstützung bereithält und sie zu einem selbstbestimmten Leben ermächtigt. Das stärkt den sozialen Zusammenhalt. Dafür steht die Sozialdemokratie.

Und:  wenn wir als Partei zusammenstehen, sind wir auch zusammen stärker. Der Gründungsmythos der Sozialdemokratie ist „Einigkeit macht stark“ – und das ist auch für die Zukunft das Entscheidende.

Ein Ausspruch von einem der Gründungsväter der deutschen Sozialdemokratie, Ferdinand Lassalle. Du hast ihn auf dem Parteitag im vergangenen November zitiert.

Ja und auch wenn dieses Leitmotiv über 150 Jahre alt ist, so ist es immer noch aktuell.

BERLINER STIMME: Liebe Franziska, du bist seit über einem Jahr im Amt und musstest bereits mehrere Krisen bewältigen: erst die Corona-Pandemie, dann die Unterbringung der Geflüchteten aus der Ukraine und nun die Sicherung unserer Energieversorgung – wie hat es Berlin geschafft, all diese Herausforderungen zu meistern?

Franziska Giffey: Berlin hat seit Beginn des Angriffskrieges den Fokus auf die Hilfe für die ukrainischen Geflüchteten gerichtet. Dabei haben viele engagierte Bürgerinnen und Bürger und Organisationen der Zivilgesellschaft maßgeblich mitgeholfen. Außerdem haben wir nach den Einschränkungen der Pandemie ein Neustart-Programm für unsere Wirtschaft und die Kultur in der Stadt auf den Weg gebracht, das den besonders betroffenen Branchen wieder auf die Beine geholfen hat. Und das haben wir auch geschafft: Berlin hat einen guten Neustart hingelegt, unser Wirtschaftswachstum ist deutlich höher als der Bundesdurchschnitt. Dennoch sind wir genauso wie andere von der aktuellen Energiekrise betroffen. Ich finde es sehr gut, dass auf Bundesebene – auch auf Drängen der Berliner SPD – die Entscheidung getroffen wurde, dass die Gaspreis-, Strompreis- und Fernwärmebremse bereits ab Januar 2023 kommt. Das war auch für Berlin eine wichtige Entscheidung. Ebenso werden die weiteren Entlastungsmaßnahmen des Bundes und unser Berliner Entlastungspaket dabei helfen, dass wir weiterhin gut durch die Krise kommen.

BERLINER STIMME: Im vergangenen Jahr führte Berlin das 29-Euro-Ticket als einziges Bundesland nach dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets ein und verlängerte es sogar bis März 2023. Was bedeutet das 29-Euro-Ticket für dich?

Unsere Idee des 29-Euro-Tickets ist vor allen Dingen ein Zeichen von sozialer Teilhabe und Mobilität für alle. Wir wollen, dass Menschen sich nicht fragen müssen, ob sie sich die Fahrt zu ihren Freunden, zu ihrem Ehrenamt oder zum Sport überhaupt leisten können. Wenn Mobilität nicht mehr als einen Euro am Tag kostet, kann sich das jede und jeder leisten. Wir haben außerdem mit dem Sozialticket für neun Euro in der Krisenzeit von Januar bis März 2023 eine weitere Möglichkeit geschaffen, damit über 650.000 Berlinerinnen und Berliner, die sehr wenig Geld zur Verfügung haben, für neun Euro im Monat mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren können. Ich sage nochmal: Das ist eine entscheidende Frage von sozialer Teilhabe und, neben den Effekten für den Klimaschutz, von sozialer Gerechtigkeit.

Franziska Giffey: 29-Euro-Ticket für alle. Am 12.02. SPD wählen! Zusammen Berlin
Wahlplakat der Berliner SPD
SPD Berlin

BERLINER STIMME: Der Neustart von Berlin nach der Corona-Krise ist gelungen: satte 3,7 Prozent Wirtschaftswachstum. Das liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Worauf führst du diese guten Zahlen zurück?

Wir arbeiten dafür, dass Berlin einer der wichtigsten und wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsstandorte in Europa wird: deutsche Start-up-Metropole Nummer eins, Kulturhauptstadt Nummer eins, Filmhauptstadt, Sportmetropole, Game-Hauptstadt. Wir haben mittlerweile einen großen digitalen Mittelstand mit riesigem Wachstum. Außerdem konnten die Branchen, die besonders unter der Corona-Pandemie gelitten haben, also Gastronomie, Hotellerie, Kultur und der Eventmanagement-Bereich wieder richtig durchstarten. Unsere Stadt ist weiterhin sehr attraktiv. Menschen kommen hierher und buchen sich in die Hotels ein. Wir hatten mehrere große Messen und Kongresse, ob das die IFA war, die ILA oder die InnoTrans, der Berlin Marathon mit 45.000 Läuferinnen und Läufern plus allen, die mitgereist sind. Das hat einen Rieseneffekt für den Tourismus in der Stadt. Berlin ist attraktiv und das sieht man eben auch an den Wirtschaftszahlen. Wenn wir in Kultur, in Gastronomie, in den ganzen Bereich Tourismus investieren und auch die Start-up-Szene unterstützen, dann können wir wirklich Wachstum generieren. Deshalb tagt regelmäßig unter meiner Leitung der Runde Tisch Tourismus. Im Senat haben wir eine Start-up-Agenda für die nächsten Jahre bis 2026 verabschiedet und unterzeichnet. Wir setzen unsere Smart City Strategie um. Wir unterstützen die Digitalwirtschaft, damit eben die innovativsten Talente und Köpfe der Welt nach Berlin kommen – und das passiert auch.

BERLINER STIMME: Du hast auf dem SPD-Landesparteitag Mitte November vergangenen Jahres gesagt: „Wir holen die Wärme nach Hause.“ Kannst du erklären, was sich dahinter verbirgt? 

Ich vertrete den Standpunkt, dass Strom, Wasser und Wärme in Berliner Hand gehören, also der Stadt und damit allen Bürgerinnen und Bürgern gehören. Das ist auch die Meinung der Sozialdemokratie. Strom und Wasser sind bereits in öffentlicher Hand. Die Wärme noch nicht, denn die ist bei Vattenfall. Aber von unseren 2 Millionen Haushalten in Berlin sind 1,3 Millionen durch die Fernwärme versorgt. Wenn wir es schaffen wollen, dass die Stadt klimaneutral wird, dann ist die Wärmeversorgung eine ganz entscheidende Stellschraube. Die müssen wir in den nächsten Jahren umbauen, hin zu erneuerbaren Energien und Nachhaltigkeit. Aber wir brauchen auch Stabilität bei den Preisen. Damit sich Menschen sicher fühlen, ist die Frage der Wärmeversorgung in Berliner Hand eine ganz wichtige. Wir wollen deshalb Vattenfall ein Angebot machen, die Wärme zu kaufen. Danach wollen wir zusammen mit der Gasag und den beiden starken Industriepartnern E.on und Engie ein neues Energie- und Wärmeversorgungsunternehmen in den Händen der Gasag mit Mehrheitsbeteiligung des Landes bilden. Dieses Angebot liegt auf dem Tisch und wir hoffen sehr, dass Vattenfall diesen Schritt macht, wirklich auch verkauft und dass das Land Berlin der Käufer sein kann. Das ist noch nicht abschließend geklärt, aber unser Angebot liegt vor. Wir haben dazu eine Verständigung und Vorsorge im Haushalt getroffen. Ich gehe davon aus, dass wir die Verhandlungen dazu bald führen werden.

BERLINER STIMME: Berlin ist vor allem eins: Mieterinnen- und Mieterstadt. Auch daran hat die Berliner SPD gedacht, nämlich durch ein Kündigungs- und Mietenmoratorium.

Wir haben in Berlin etwa 750.000 Menschen, die in den landeseigenen Wohnungen leben. Wir haben überlegt, wie wir diese Mieterinnen und Mieter, die vielfach eben auch nicht so viel Geld haben, unterstützen können. Mit dem Berliner Entlastungspaket haben wir dafür gesorgt, dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen die Mieten nicht erhöhen und dass sie Menschen, die Energieschulden haben, nicht kündigen müssen. Dieses Moratorium haben wir für das ganze Jahr 2023 vereinbart. Wir lassen aber die Landeseigenen nicht hängen, denn sie sollen ja weiter investieren und Wohnungen bauen. Deshalb geben wir ihnen aus dem Landeshaushalt eine Unterstützung für das Eigenkapital. Das ist Teil des Berliner Entlastungspaketes und es ist ein ganz klares Bekenntnis, dass wir nicht nur in Wohnungsneubau investieren, sondern auch die Berliner Mieterinnen und Mieter schützen.

BERLINER STIMME: Ich fasse mal zusammen: Wir haben jetzt in Berlin das 29-Euro-Ticket, außerdem ein Kündigungs- und Mietenmoratorium in landeseigenen Wohnungsunternehmen. Im Bund tritt mit dem neuen Jahr eine Gaspreis-, Strompreis- und Fernwärmebremse in Kraft.

…und wir unterstützen im Berliner Entlastungspaket auch diejenigen, die eine Öl-, Kohle- oder Pelletheizung haben. Das Programm dafür wird im Januar starten.

BERLINER STIMME: Diese Entlastungsmaßnahmen zeigen doch sehr deutlich, dass die SPD in der Krise mehr denn je gebraucht wird.

Gerade in schwierigen Situationen müssen die Stärkeren die Schwächeren unterstützen. Dafür steht die SPD. Wir sorgen dafür, dass diejenigen, die jetzt Probleme haben, egal ob es Unternehmen, soziale Einrichtungen oder Bürgerinnen und Bürger sind, gut durch diese Krise kommen und wir danach wieder neu durchstarten können. Das, was wir jetzt mit dem Berliner Entlastungspaket machen, was die SPD-geführte Regierung im Bund beschlossen hat, wird dafür sorgen, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen.

SPD Berlin

Und die SPD bringt notwendige Reformen voran. Die Einführung des Bürgergeldes beispielsweise ist mehr als nur eine Erhöhung der Regelsätze. Es ist die größte Sozialstaatsreform der vergangenen zwei Jahrzehnte. Menschen, die lange arbeitslos waren, sollen eine echte Perspektive bekommen und durch das Nachholen von Schul- und Berufsabschlüssen unterstützt werden, damit ihnen der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt gelingt. Das finde ich wichtig. Menschen, die über Generationen im Sozialsystem sind, werden anders gefördert und unterstützt, damit sie da rauskommen und ein selbstbestimmtes Leben auch ohne Transferleistungen führen können. Das ist das Entscheidende und ohne die Sozialdemokratie undenkbar. Ich glaube, auch in Berlin wird gerade jetzt in dieser Krise sehr deutlich, dass die SPD mehr denn je gebraucht wird. Wann, wenn nicht jetzt, ist die Zeit der Sozialdemokratie.

BERLINER STIMME: Ich will mal drei Stichworte der politischen Konkurrenz nennen: Geschenke für Faule, Waschtipps, Sozialtourismus . Warum gibt die SPD in Berlin bessere Antworten auf die Krise als Grüne und CDU?

Erstens geht es darum, dass man zwischen ohnehin benachteiligten Gruppen keine Neiddebatten schürt. Die CDU spielt die Menschen, die Bürgergeld bekommen, gegen die aus, die arbeiten, aber geringe Einkommen haben. Das ist nicht in Ordnung. Die Menschen, die arbeiten, aber nur wenig Geld verdienen, sollen anständig für ihre Arbeit bezahlt werden, zum Beispiel durch den neuen Mindestlohn von 12 Euro. Aber man hilft ihnen doch nicht, in dem man arbeitslosen Menschen eine würdevolle Unterstützung verweigert und sie pauschal als faul bezeichnet.

Der zweite Punkt ist: Tipps zur Lebensführung sind immer so eine Sache. Ich glaube, es geht nicht um Ratschläge für den Alltag, sondern um echte Unterstützung und Orientierung. Die Menschen in unserer Stadt sollen wissen, wo sie sich informieren können und Unterstützung erhalten. Deshalb haben wir als Landesregierung das Portal berlin.de/energie gestartet, wo alle Hilfs- und Unterstützungsangebote zu finden sind. Dort werden wichtige Fragen geklärt: Wo bekomme ich Rat, um Energie einzusparen? Was kann ich tun, um für meine Kinder zusätzliche Unterstützung zu beantragen? Oder was kann ein Unternehmen tun, um Liquiditätshilfen zu bekommen? All das ist echte Unterstützung, die viel besser hilft als Waschtipps von den Grünen.  

Und drittens helfen Neiddebatten überhaupt nichts. Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen, beschimpft man nicht als Sozialtouristen, sondern sie haben unsere volle Solidarität und Hilfe verdient. Dafür steht Berlin und ganz besonders die Sozialdemokratie – ganz im Gegensatz zur CDU.

BERLINER STIMME: Du hast uns schon erzählt, was du in diesem einen Jahr als Regierende Bürgermeisterin schätzen gelernt hast. Was war denn in dieser Zeit dein schönstes Erlebnis?

Ich erinnere mich gerne an den Beginn meiner Amtszeit zurück. Als ich am 21. Dezember 2021 das Rote Rathaus betreten habe, um im Spalier der Berliner Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger die Treppen hochzulaufen, da bin ich angekommen: Ich habe mir gesagt, ich bin jetzt hier, ich mache das. Ich bin gekommen, um zu bleiben. Das war ein sehr schöner Augenblick und ist ein Jahr später immer noch ein Highlight. Es gab auch würdevolle Momente, zum Beispiel, als ich das erste Mal den Verdienstorden des Landes Berlin verleihen durfte und Menschen begegnet bin, die Ehrenbürger dieser Stadt sind. Ich hatte aber auch traurige Momente, wie die Amokfahrt auf der Tauentzienstraße oder den Großbrand im Grunewald. Das sind Ausnahmesituationen, mit denen man umgehen muss.

Und dann gab es auch wieder Momente, die mich gerührt haben. Am Anfang des Krieges in der Ukraine kamen 10.000 Geflüchtete pro Tag in Berlin an. Da standen am Hauptbahnhof so viele Menschen und wollten helfen. Manche nahmen Mütter mit Kindern bei sich auf, hatten dafür extra ein Zimmer in ihrer Wohnung freigeräumt. Das zu erleben, hat mich sehr bewegt. Und auch jetzt finde ich es einfach toll, was wir in unserer Stadt alles erreichen. Der Kultursommer ist super gelaufen. Es kommen viele Unternehmen hierher oder werden hier gegründet. Es kommen Menschen, die kreative und innovative Ideen haben. Berlin ist mittlerweile unter den Städten der Welt im internationalen Vergleich auf Platz vier, was die Innovationskraft betrifft.

BERLINER STIMME: Über Offenheit hast du auch auf dem Landesparteitag im vergangenen November gesprochen. Was wünscht du dir da für Berlin?

Wir sind im Tourismus-Vergleich nach Barcelona international an zweiter Stelle. Wir sind also eine sehr attraktive Stadt für unsere Gäste. Wir haben da ein sehr großes Potenzial und müssen daran auch stetig weiterarbeiten. Menschen, die zu uns kommen, sollen sich wohlfühlen, weil Vielfalt und Toleranz in Berlin nicht nur Wörter sind, sondern gelebt werden. Das ist etwas, was uns für die Talente der Welt so attraktiv macht und das müssen wir aufrechterhalten. Berlin ist Regenbogenhauptstadt. In diesem Jahr habe ich beispielsweise die Christmas Avenue in Schöneberg eröffnet, einen queeren Weihnachtsmarkt. Es ist einfach großartig zu sehen, was in Berlin alles möglich ist.

BERLINER STIMME: Ein einprägsamer Moment war bestimmt auch der Berlin-Marathon 2022. Dort ist ein Bild entstanden mit dir im Trainingsanzug am Anfang der Laufstrecke. Du schaust ernst und hältst eine Startpistole in der Hand. Was war da los?

Wenn ich mit der Waffe in der Hand gelacht hätte, wäre das auch nicht gut angekommen (lacht). Ich war zu diesem Zeitpunkt sehr konzentriert. Da stehen tausende Läuferinnen und Läufer und warten auf diesen einen Schuss. Du musst dich enorm konzentrieren, damit du in der richtigen Sekunde abdrückst, denn sonst haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Fehlstart. Das wäre natürlich sehr schlecht. Deswegen der ernste Gesichtsausdruck.

BERLINER STIMME: Ich stelle mir das auch nicht einfach vor. Auf jeden Fall wurde dieses Bild wenig später auf den sozialen Medien mehrmals geteilt. Eine Nutzerin schrieb „Einmal Neukölln, immer Neukölln“.

Ja, das fand ich cool. 

BERLINER STIMME: Den Kommentar mit besagtem Bild hast du auch auf deinem Twitter-Profil geteilt. Gibt es Momente, wo du auch über dich selbst lachen kannst?

Na klar, sonst könnte ich den Job hier nicht machen (lacht). Wenn man nicht mehr lachen kann und keine Freude mehr hat, dann soll man es sein lassen. Die schönen Momente müssen immer die schwierigen überwiegen. Und auch wenn es manchmal nicht leicht ist, die schönen Augenblicke sind in der Überzahl. Solange das so ist, hat man die Kraft, auch schwierige Zeiten zu überstehen. Und diese Kraft möchte ich auch gerne weiter für unsere schöne Stadt einsetzen.

Die BERLINER STIMME hat dieses Mal eine Auflage von fast 540.000 Stück und wird in vielen Berliner Haushalten auf dem Küchentisch landen: Was möchtest du als Regierende Bürgermeisterin den Berlinerinnen und Berlinern gerne für das neue Jahr 2023 auf den Weg geben?

Zunächst einmal wünsche ich allen Berlinerinnen und Berlinern ein gesundes, erfolgreiches und vor allen Dingen friedliches Jahr. Das in Europa Frieden herrscht, ist eine Gewissheit, die wir lange Jahre hatten, die aber mit dem 24. Februar 2022 zerstört wurde. Es ist einfach traurig, wie der Frieden in Europa wieder erschüttert ist. Ich erlebe es in zahlreichen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern, dass der Frieden das ist, was sich viele am Allermeisten wünschen. Und ich hoffe sehr, dass wir in Berlin und in Deutschland gut durch die nächsten Monate kommen und gestärkt aus der Krise hervorgehen. Ich wünsche, dass Berlin weiter die Stadt der Freiheit, der Weltoffenheit, der Vielfalt und der Solidarität bleibt.

Autor:in

Sebastian Thomas

Redakteur der BERLINER STIMME und des vorwärtsBERLIN