Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Behinderung und reisen durch Europa. Sie suchen einen Parkplatz oder möchten den Bus nehmen, aber Ihre Behinderung wird nicht anerkannt. Mehr als ein Jahrhundert nach dem Gesetz zur Beschäftigung Schwerbeschädigter sind Menschen mit Behinderungen immer noch mit großen Herausforderungen konfrontiert. Und wie sieht es auf europäischer Ebene aus? Im Jahr 2022 lebten 27 % der EU-Bevölkerung über 16 Jahren mit einer Form von Behinderung. Das entspricht 101 Millionen Menschen. Aufgrund der fehlenden Anerkennung des Behindertenstatus zwischen den EU-Mitgliedsstaaten ist das Reisen für sie derzeit schwerer als nötig – egal ob es um Urlaubs- oder Geschäftsreisen geht.
Die EU hat nun einen wichtigen Schritt unternommen, um das zu ändern. Am 6. September 2023 legte die Europäische Kommission einen Plan für einen einheitlichen EU-Behindertenausweis vor. Dieser Ausweis wird es Menschen mit Behinderungen ermöglichen, ihren Status EU-weit anerkennen zu lassen und Zugang zu Vergünstigungen bei Fahrpreisen sowie kulturellen Einrichtungen zu erhalten. Zusammen mit dem aktualisierten Parkausweis sind dies wichtige Teile der EU-Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030 und zeigen das Engagement der EU für eine inklusive und barrierefreie Gesellschaft.
Besonders eingesetzt hat sich die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D) für die kostenlose Ausgabe und Erneuerung des EU-Behindertenausweises sowie für leicht verständliche Informationen zu allen damit verbundenen Vorteilen. Wichtig war uns, dass auch die vergünstigte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel einfacher wird.
Der Europäische Behindertenausweis ist ein starkes Signal für mehr Inklusion und Gleichberechtigung in Europa. Das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten befinden sich momentan in Verhandlungen, um sich auf eine finale Fassung des Vorhabens zu einigen. Trotz finanzieller Bedenken einiger Mitgliedsstaaten besteht ein breiter Konsens über die Notwendigkeit und den Nutzen dieser neuen Regelungen, sodass wir mit einer Einigung noch vor der Europawahl am 9. Juni rechnen. Mit der Einführung des Ausweises macht die EU einen entscheidenden Schritt hin zu einer Gesellschaft, in der alle Menschen ungehindert reisen können.
Gaby Bischoff
Seit 2019 unsere Berliner Abgeordnete im Europäischen Parlament und dort u. a. stv. Fraktionsvorsitzende und im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.
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