Umwandlungs­schutz: Mieterinnen und Mieter vor Ver­drängung schützen

Mieterinnen und Mieter sollen durch eine Novelle des Baugesetzbuches vor Verdrängung durch Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen geschützt werden. Auf Druck der SPD legte der zuständige Bauminister Horst Seehofer einen Entwurf vor. CDU/CSU zweifeln diesen Konsens jetzt an.

Im September 2018 haben die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten beziehungsweise zuständigen Landesministerinnen und -minister, gemeinsam mit den im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen organisierten Spitzenverbänden der Wirtschaft und Immobilien- und Grundeigentümerinnen und -eigentümer, beim Wohngipfel der Kanzlerin einvernehmlich einer verschärften Umwandlungsbremse zugestimmt.

„Der Bund strebt an, unter Einbeziehung von Ländern und Kommunen die Möglichkeiten zu reduzieren, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Ausnahmen sollen nur in Einzelfällen geltend gemacht werden dürfen.“ Und nicht nur auf dem Wohngipfel konnten wir die Union dazu bringen, einer gesetzlichen Regelung gegen diese völlig unsoziale Praxis gegen Mieterinnen und Mieter zuzustimmen.

Auch im Koalitionsausschuss im August 2019, in der Baulandkommission sowie auf Ministerebene gab es verbindliche Einigung dazu. Auf wiederholten Druck der SPD legte der verantwortliche Bauminister Seehofer im Juni 2020 einen Entwurf zur Novelle des Baugesetzbuches (BauGB) vor, der diese Vereinbarung auch endlich umsetzt.

Gesetzgeber muss handeln

Damit sollen, wie es auch in der Begründung heißt, Mieter vor Verdrängung durch Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen geschützt werden. Die Entwicklungen, die wir in den drei Städten Frankfurt am Main, München und Berlin, die wir als Bundestagsabgeordnete vertreten, in den vergangenen Jahren beobachten, belegen dramatisch, dass der Gesetzgeber umgehend handeln muss.

Deshalb haben wir auch gemeinsam, seit dem Wohngipfel, auf die zügige Umsetzung dieses Konsenses gedrungen. Dieser Konsens wird jetzt durch die CDU/CSU infrage gestellt. Verwiesen wird auf die fehlende Unterstützung einzelner Bundesländer, unter anderem der Grün-Schwarz in Baden-Württemberg.

Mehrheit der Länder für Umwandlungsschutz

Ein Scheinargument, denn beim Blick auf alle Stellungsnahmen der Länder, zeigt sich: Eine klare Mehrheit der Länder ist explizit für Umwandlungsschutz. Mitten in der pandemiebedingten Krise wird diese große sozialpolitische Bedrohung interessengeleitet klein- und schöngeredet.

Zahlen aus fragwürdigen Quellen bemühen Baupolitikerinnen und -politiker von Union und FDP, um sich scheinheilig als Anwalt der kleinen Leute zu präsentieren, die nach der Umwandlung die Chance bekämen, durch Vorkaufsrecht endlich Wohneigentum zu erwerben. Diese Rhetorik ignoriert auf zynische Weise die tatsächliche Realität, in der Tausende Angst um ihr zu Hause haben müssen, das zu Höchstpreisen verkauft wird.

Die von der Justizministerin Christine Lambrecht ursprünglich vorgeschlagene und vom Innenminister zunächst übernommene Regelung im Paragraph 250 BauGB ist dringend erforderlich, um den Schutz bezahlbaren Wohnraumes für breite Schichten der Bevölkerung sicher zu stellen. In Berlin gab es von 2012 bis 2018 ungefähr 87.000 Umwandlungen, 2018 waren rund 12.900, 2019 fast 12.700 und im 1. Halbjahr 2020 rund 6.000.

Davon wurden 2019 9.883 Wohnungen verkauft und 2020 bisher 4.041. An Mieterinnen und Mieter verkauft wurden 2019 460 (4,6 Prozent) und 2020 139 Wohnungen (3,4 Prozent). Diese tatsächlichen Zahlen zeigen deutlich, dass sich über 95 Prozent der betroffenen Mieterinnen und Mieter den Erwerb ihre Wohnungen tatsächlich nicht leisten können.

Es zeigt sich ein gefährliches Ungleichgewicht, das im Mietrecht entstanden ist. Die gesetzliche Möglichkeit der Eigenbedarfskündigung wurde 1974 beschlossen. Damals war aber aus baulichen Gründen noch undenkbar Mietshäuser in Eigentumswohnungen aufzuteilen. Dies ist erst seit einem Urteil des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichte des Bundes aus dem Jahr 1992 möglich.

Urteil als Brandbeschleuniger

Mit dem Urteil mussten die baulichen Standards bei Begründung von Teileigentum in Altbauten, nicht mehr zeitgemäß sein, sondern nur noch den Standard zum Erstellungszeitpunkt erfüllen. Seitdem können, Mietshäuser aufgeteilt, umgewandelt und als Eigentumswohnungen verkauft werden.

Aus heutiger Sicht hat sich dieses Urteil als Brandbeschleuniger für die Beseitigung bezahlbaren Wohnraumes erwiesen. Die Konsequenzen für Mieterinnen und Mieter sowie der damit einhergehende Vertrauensverlust sind dramatisch. Früher waren Mieterinnen und Mieter sicher, dass sie ihre Wohnung auf Dauer behalten können, wenn sie ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen.

Zu verabredeten Konsens zurückkehren

Dieses Vertrauensverhältnis ist die Basis dafür, dass in Deutschland Millionen Menschen in Mietwohnungen leben. Die gegenwärtige Umwandlungspraxis führt nachweislich auch dazu, dass die Grundstückspreise stark steigen, da die Basis der Verkäufe nicht mehr der Ertragswert in der Vermietung der Fall ist, sondern der im spekulativen Verkaufsfall.

Dies hat wiederum Auswirkungen auf die Bodenrichtwerte. Ein harter Umwandlungsschutz würde dagegen bezahlbaren Wohnraum in der Vermietung schützen, das Vermietungsgeschäft und damit das soziale Miteinander stärken. Deshalb sollten alle Teilnehmer des Wohnungsgipfels zu dem verabredeten Konsens eines starken Umwandlungsschutzes zurückkehren.

Autor:in

Klaus Mindrup

SPD-Bundestagsabgeordneter, Mitglied im Umweltausschuss und im Ausschuss für Bauen und Wohnen