Oliver Igel, Bezirksbürgermeister Treptow-KöpenickSPD Berlin/Sebastian Thomas

Nie außer Dienst: Für Oliver Igel ist immer Bürgersprechstunde

Er wird auch beim Einkaufen erkannt und angesprochen: Oliver Igel, Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick. Er ist in Köpenick geboren und so, wie er sagt, seiner Heimat besonders verbunden. Wie er den beschlossenen Bezirkshaushalt bewertet, welches Thema ihn in seiner Amtszeit begleitet und wo er seinen Ausgleich zur Arbeit sucht und findet, erzählt er im Gespräch mit dem vorwärtsBERLIN in Kooperation mit der BERLINER STIMME.

vorwärtsBERLIN: Warum Treptow-Köpenick? Warum bist du gerne Bürgermeister dieses Berliner Bezirks?

Oliver Igel: Ich bin in Köpenick geboren und lebe hier im Bezirk. Damit bin ich natürlich besonders mit meiner Heimat verbunden. Wir sind Teil der Hauptstadt und dennoch gibt es auch ganz ländlich wirkende Räume – das Quirlige wechselt sich mit Ruhe und Naturverbundenheit ab. Das schätze ich, nämlich alles in einem: Wald, Wasser und tobendes Leben.

Der Bezirkshaushalt für 2022 und 2023 ist beschlossen. Die SPD erklärte, dass in Zeiten einer Krise ein Kompromiss unter den demokratischen Kräften gefunden werden konnte. Wie ist das mit Blick auf den Beschluss gemeint? Worin besteht der Kompromiss?

Daraus spricht ein wenig die Sorge, dass wieder die Zeiten der Sparhaushalte kommen – und das wären keine schönen Perspektiven. Nachdem Berlin einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt hat, die Steuereinnahmen sprudelten, ging es auch in den Bezirken besser: Wir haben mehr Spielräume erhalten, Personal einzustellen und zu investieren, insbesondere in Schulen. Mit dem aktuellen Haushaltsplan geht es nun nicht mehr wie in den vergangenen Jahren wirklich aufwärts – nicht allein Corona hat zu erheblichen finanziellen Lasten geführt.

Der „Kompromiss“ ist im Moment, dass wir die bestehenden Projekte und Vorhaben weiterführen können, aber fast keine neuen Investitionen oder Personaleinstellungen möglich sind. Wir haben sogar noch eine große Einsparvorgabe, die nicht unterlegt ist. Das ist am Beginn der Wahlperiode und bei vielen neuen Mitgliedern in der Bezirkspolitik natürlich keine traumhafte Situation, denn viele wollen selbstverständlich jetzt schnell etwas bewegen und stoßen gleich am Anfang an Grenzen. Deshalb ist es wichtig, dass die Wirtschaft wieder in Gang kommt, Steuereinnahmen fließen und wir neue Perspektiven eröffnen können.

Die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg spielt für deinen Bezirk aufgrund der Flughafennähe noch einmal eine ganz andere Rolle. Durch den Flughafen BER kommen Tourist:innen, Unternehmen siedeln sich leichter an. Doch auf der anderen Seite kommt es zu Fluglärm. Wie lässt sich dieser Konflikt deiner Meinung nach (auf-)lösen?

Mit diesem Konflikt müssen wir schon lange leben. Auch der alte Flughafenstandort in Schönefeld hatte diesen Effekt: Viele Menschen bei uns im Bezirk sind von Fluglärm betroffen, viele fürchten zu Recht eine Verstärkung der Belastung. Andererseits ist es belegt, dass sich viele Unternehmen genau wegen der Flughafennähe hier angesiedelt und neue Arbeitsplätze geschaffen haben. Menschen haben hier eine neue Chance zum Leben und Arbeiten erhalten.

Mit der Eröffnung des BER weiß aber jetzt auch jeder, woran er ist: Der Flughafen ist da und wir müssen damit leben. Klar ist aber auch, dass ich stets für eine Entlastung von Fluglärm für unsere Bevölkerung eintreten werde: Flugrouten müssen optimiert werden, Flugzeuge müssen für zu viel Lärm mehr zahlen, die Technik der Flugzeuge muss sich diesbezüglich verbessern.

Und schließlich will ich eine bessere Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg in der Flughafenregion, um gemeinsam Infrastrukturprojekte zu realisieren, die der Bevölkerung zugutekommen: Radwege, Freizeiteinrichtungen, Begegnungsstätten und weiteres mehr.

Welches Thema wird dich in den nächsten fünf Jahren immer wieder begleiten?

Treptow-Köpenick ist und bleibt ein beliebter Bezirk. Das Bevölkerungswachstum wird weitergehen. Für diejenigen, die jetzt schon hier leben, ist damit ein Gefühl verbunden, dass sich ihre Lebensqualität verschlechtert, weil es voller und lauter wird. Deshalb ist es so wichtig, dass mit dem Neubau auch Fortschritte für die bereits bestehende Bevölkerung einhergehen: Verbesserungen des öffentlichen Nahverkehrs, mehr Kitas, neue Schulplätze und sanierte Schulen. Das alles zu organisieren, ist eine Daueraufgabe. Aber es ist immer besser eine wachsende Stadt zu haben als eine sich allmählich leerende Region.

Wenn du gerade einmal nicht Bezirksbürgermeister bist – wo in Treptow-Köpenick könnte man dich am ehesten antreffen und warum?

Wer sich für das Amt des Bezirksbürgermeisters entscheidet, ist nie außer Dienst. Auch beim Einkaufen, beim Spazieren gehen, beim Friseur oder sonst wo muss man damit rechnen, erkannt und angesprochen zu werden. Bürgersprechstunde ist immer. Und dennoch oder gerade deshalb: Es zieht mich stets in die Natur – ans Wasser oder in unsere Wälder, zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Die Natur ist ein toller Ausgleich zum quirligen, städtischen Leben.

Autor:in

Sebastian Thomas

Redakteur der BERLINER STIMME und des vorwärtsBERLIN