Haushalt und Finanzen

Unsere Finanzpolitik legt die Grundlage für gute öffentliche Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger. Sie soll gewährleisten, dass die erforderliche Infrastruktur für die Menschen in unserer Stadt heute und in der Zukunft zur Verfügung steht und muss zukünftige finanzielle Gestaltungsspielräume im Blick behalten – weil Finanzpolitik Politik für die Zukunft ist.

Die finanzielle und wirtschaftliche Lage des Landes Berlin hat sich während der Corona-Pandemie verändert. Der Landeshaushalt wird so ausgestaltet, dass gilt: Wir sparen uns nicht aus der Krise heraus, sondern investieren. Dafür haben wir uns auf eine verantwortungsvolle finanzpolitische Strategie verständigt, die über die gesamte Wahlperiode trägt. Wir setzen dabei Schwerpunkte und priorisieren unsere Maßnahmen in allen Politikfeldern. Dafür müssen rechtliche und fiskalische Spielräume konsequent genutzt und mit den gesetzten Schwerpunkten in Einklang gebracht werden.

In der Pandemie hat das Land entschlossen gehandelt. Von den nach der Schuldenbremse zulässigen Notfallkrediten hat Berlin umfassend Gebrauch gemacht, um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zu gewährleisten, die Berliner Wirtschaft zu unterstützen, die Investitionen fortzuführen und wegbrechende Steuereinnahmen zu kompensieren. Diesen Weg wird die Koalition so lange fortsetzen, wie dies mit Blick auf die Pandemie-Lage erforderlich ist. Es ist ökonomisch vernünftig, in einer Krise mit der Finanzpolitik antizyklisch zu reagieren.

Die Koalition hat das Ziel, bis zum Ende der Legislaturperiode den strukturellen Ausgleich des Haushalts herbeizuführen. Um die Belastungen für die Zukunft gering zu halten, wird die Koalition Kredite nur im notwendigen Umfang aufnehmen. Pandemiebedingte Notfallkredite, die nicht ausgeschöpft werden müssen, werden getilgt. Dabei nutzen wir die Spielräume der Schuldenbremse. Wir sichern einen moderaten Anstieg der Personal- und Sachausgaben und priorisieren unsere Investitionen.  

Die Koalition wird ihre finanzpolitischen Entscheidungen auch an den Klimazielen messen. Das gilt insbesondere für die Ausgestaltung des Investitionshaushalts. Ein deutlicher Schwerpunkt liegt in den Bereichen Verkehr und Gebäudeenergie.

Wir werden in den kommenden zwei Jahren gemäß der Finanzplanung für 2021 bis 2025 insgesamt jährlich durchschnittlich ca. 2000 neue Stellen, insbesondere in den Bereichen Bildung, innere Sicherheit, Soziales und Integration schaffen.

Bis zu 300 weitere Stellen werden für die Umsetzung der qualitativen Verbesserung im Koalitionsvertrag jährlich zur Verfügung gestellt, insbesondere für Bürgerdienstleistungen und die Bezirke.

Wir streben an, die konsumtiven Sachausgaben in dieser Legislatur um jährlich ca. 450 Millionen Euro zu erhöhen.

Die Koalition wird die Möglichkeit der notfallbedingten Kreditaufnahme ausnutzen, um in den kommenden Jahren auf die Folgen der Corona-Krise reagieren zu können.

Die Koalition wird das Berliner Schuldenbremsengesetz in Hinblick auf die Ausgestaltung der Konjunkturkomponente und deren Definition der Normallage und Konjunkturpolitische Potenziale hin überprüfen. Dies kann auch Anpassungen der Berechnung des Produktionspotenzials zur besseren Abschätzung eines vollausgelasteten Arbeitsmarkts umfassen.

Die Pandemieentwicklung und die daraus resultierende Notlage führen zu einer Neubetrachtung der Laufzeiten des Tilgungsplans der Notfallkredite. Die Tilgung der Notfallkredite sollte in dieser Legislatur nicht den Haushalt belasten. Auch eine Sondertilgung Ende 2023 aus der Pandemierücklage kommt in Betracht.

Sollte es im Rahmen der Jahresabschlüsse zu Finanzierungsüberschüssen kommen, werden diese mindestens hälftig für Investitionsvorhaben gebunden. Hierfür wird die Koalition das Gesetz zum Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt ändern. Mit Beginn der zweiten Jahreshälfte wird geprüft, ob insoweit ein Nachtragshaushalt erforderlich ist.

Vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen und der Unterdeckung in der Investitionsplanung, hat sich die Koalition auf eine Neu-Priorisierung, insbesondere hinsichtlich ihrer zeitlichen Abfolge, verständigt. Großprojekte werden auf ihre Umsetzbarkeit geprüft und finanziell begrenzt. Die Schulbauoffensive bleibt ein prioritäres Projekt der Koalition; sie entwickelt sich im Rahmen der jährlich zur Verfügung gestellten Mittel. Der Compartment-Raumstandard findet nur beim Schulneubau Anwendung. Wir streben eine Investitionsquote aus dem Kernhaushalt in Höhe von circa acht Prozent an. Berlin wird in den kommenden zwei Jahren jährlich mindestens drei Milliarden Euro investieren.

Die Koalition wird den Weg fortsetzen, Investitionen über landeseigene Unternehmen zu finanzieren. Neben beispielsweiseder Tegel-Projekt GmbH wird dies für weitere Unternehmen und Extrahaushalte geprüft.

Die Koalition beabsichtigt – analog zur bereits bestehenden Berliner Bodenfonds GmbH – die Gründung einer Investitionsgesellschaft. Kreditermächtigungen sowie Umfang und Zweck werden auf Vorschlag des Senats durch Beschluss des Abgeordnetenhauses festgelegt. Die Koalition prüft darüber hinaus, einzelne Investitionsvorhaben für bestimmte öffentliche Zwecke verstärkt über kreditgestützte Fonds und Sondervermögen zu finanzieren. Dabei kann die IBB ihre Kompetenzen verstärkt einbringen. Die konkrete Ausrichtung dieser Fonds und Vermögen sowie die Rahmen­be­ding­un­gen ihrer Bewirtschaftung werden transparent ausgestaltet sowie einer parlamentarischen Zustimmung und Kontrolle unterzogen.

Wir bauen Sustainable Finance im Land Berlin aus. Der Senat und die landeseignen Betriebe prüfen hierzu bis zum Ende der Legislaturperiode Nachhaltigkeitsanleihen (Green and Social Bonds) aufzunehmen und sie am Kapitalmarkt zu platzieren. Des Weiteren werden Finanzanlagen im Bereich der Versorgungsrücklagen und Sondervermögen noch stärker als bislang an ethischen und ökologischen Kriterien ausgerichtet.

Die Koalition strebt an, bei der IBB eine zentrale ESG (Environment, Social, Governance Anlagekriterien) Datenbank für die Umsetzung aufzubauen, die Landesbeteiligungen und -Unternehmen zur Verfügung steht. In diesem Zusammenhang werden wir prüfen, Förderbedingungen an den Kriterien der EU-Taxonomie auszurichten.

Die Koalition wird einen landesweiten Beteiligungshaushalt für Investitioneneinführen und erstmalig mit dem Doppelhaushalt 2022/2023 umsetzen. Das Volumen beträgt insgesamt 25 Millionen Euro ab dem Jahr 2023.

Die Grundsteuerreform soll aufkommensneutral gestaltet werden, dabei sollen soziale Härten vermieden werden. Im ersten Halbjahr 2022 wird die Koalition die Art und Weise der weiteren Umsetzung der Grundsteuerreform festlegen. Die Einführung der Grundsteuer C wird angestrebt, um eine Spekulation mit unbebauten baureifen Grundstücken steuerlich zu belasten. Die Koalition wird sich im Bund dafür einsetzen, dass die Umlagefähigkeit abgeschafft wird.

Die Koalition setzt sich dafür ein, dass in der Metropolenregion Berlin-Brandenburg die Gewerbesteuersätze harmonisiert werden. Eine Möglichkeit dazu ist eine Selbstverpflichtung Berlins und der Umlandgemeinden über einen Mindesthebesatz von 300 Punkten. Die Koalition prüft, den Grunderwerbssteuerhebesatz mit Brandenburg zu synchronisieren und berücksichtigt dabei mögliche bundesgesetzliche Änderungen für eine Erhöhung der Freibeträge bei selbstgenutztem Wohneigentum.

Die Koalition setzt sich weiter dafür ein, sogenannte Share-Deals, als Weg zur Umgehung der Grunderwerbssteuerpflicht und des kommunalen Vorkaufsrechts, wirksam einzudämmen. Zudem wollen wir, dass die Grunderwerbsteuer in der Art ausgestaltet wird, die eine Differenzierung nach Nutzungsart und Eigentumsart ermöglicht.

Die Koalition wird Vorschläge für eine progressive Steuer auf überdurchschnittlich hohe Mieteinnahmen prüfen. Eine Umlage auf Mieter*innen soll dabei ausgeschlossen sein.

Die Koalition strebt an, Gebühren für Verwaltungsleistungen grundsätzlich kostendeckend auszugestalten. Bußgelder und Umweltabgaben werden wir im Abgleich mit Daten aus anderen Ländern evaluieren.

Die Koalition wird bis Ende 2023 die Prüfquote bei Steuerpflichtigen mit bedeutenden Einkünften inklusive zielgerichteter Prüfungen von Hochrisikofällen verdoppeln. Die Prüfquote bei Körperschaften wollen wir bis zum Ende der Wahlperiode ebenfalls substanziell erhöhen. Dafür verbessern wir Schritt für Schritt die Voraussetzungen. Wir stärken die Verfolgung von Wirt­schafts­kriminalität und Geldwäsche durch einen Ausbau der entsprechenden Ressourcen beim Finanzamt für Fahndung und beim Finanzamt für Körperschaften.

Die Koalition bekennt sich zur neuen Liegenschaftspolitik und wird diese weiterentwickeln. Dafür führt die Koalition ein Bodensicherungsgesetz als die rechtliche Grundlage für ein grundsätzliches Veräußerungsverbot von Liegenschaften in Landesvermögen ein. Auf mittelbare Landesunternehmen werden die Zustimmungsvorbehalte des Parlaments erstreckt.

Wir halten daran fest, dass landeseigene Grundstücke grundsätzlich nur im Erbbaurecht vergeben werden. Über Ausnahmen entscheidet das Abgeordnetenhaus. Ferner legt der Senat ein Modell vor, wie eine weitere Flexibilisierung der Erbbaurechtsbedingungen, insbesondere der Erbbauzins-Berechnungen, die sich an den wirtschaftlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hand wie der potentiellen Nutzungen orientieren, erreicht werden kann.

Die Konzeptverfahren wollen wir so weiterentwickeln, dass sie schneller und weniger aufwendig sind. Wo immer es im Sinne der öffentlich gewollten Nutzung ist sollen auch Direktvergaben möglich bleiben, gegebenenfalls mit vorgeschalteten Juryverfahren. Derartige Vergaben werden parlamentarisch entschieden.

Die Koalition hält am kontinuierlichen Ankauf von Grund und Boden, einschließlich der Möglichkeit von Paketankäufen aus Bundesvermögen (zum Beispiel Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) oder Deutsche Bahn) oder im Rahmen von Vorkaufsrechten, im Sinne einer strategischen Bodenbevorratung fest. Dafür wird die Koalition die Berliner Bodenfonds GmbH als Instrument des kreditfinanzierten Ankaufs weiterentwickeln.

Die Koalition versteht das kommunale Vorkaufsrecht auch weiterhin als wichtiges Instrument auch im Sinne ihrer mieten- und wohnungspolitischen Ziele.

Angesichts der besonderen Bedeutung von Grund und Boden für die Entwicklung der Stadt wird die Koalition mehr Transparenz schaffen und die Zivilgesellschaft stärker einbeziehen. Dies soll mit einem Bodenbeirat bei der Berliner Bodenfonds GmbH und einem öffentlich einsehbaren Liegenschaftskataster für das direkte und indirekte Landeseigentum umgesetzt werden. Dieses Kataster soll perspektivisch auch private Liegenschaften einbeziehen.

Die Eigenwirtschaftlichkeit des Sondervermögens Daseinsvorsorge (SODA) ist zu stärken. Sanierungsstau und Leerstand sind abzubauen, Flächenpotenziale zu heben und die Investitionsmöglichkeiten zu optimieren. Es wird geprüft, wie dies mit Haushaltsmitteln oder schuldenbremsenneutral kreditfinanziert erreicht werden kann, um Liegenschaften für die wirtschaftliche Vermietung an Dritte zu ertüchtigen. Landesnahe Nutzungen sollen bei der Herrichtung durch die zuständigen Fachverwaltungen finanziell unterstützt werden, sodass anschließend ein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist. Das SODA kann für die Bewirtschaftung unwirtschaftlicher Liegenschaften temporär einen Zuschuss aus dem abgebenden Vermögen oder dem Haushalt erhalten. Überschüsse verbleiben grundsätzlich im Sondervermögen. Der Senat prüft, wie Investitionen auch im Sondervermögen Immobilien des Landes Berlin (SILB) bzw. Investitionen durch die BIM kreditfinanziert werden können.

Die Koalition wird die Gesamtstädtische Steuerung der Unterbringung der Verwaltung (GSUV) weiterentwickeln. Dafür wird das Modell der Flexiblen Arbeitsorte ausgebaut, etwa durch die weitere Umstellung von Flächenvermietung auf Arbeitsplatz-Vermietung sowie die Schaffung mindestens eines nutzerneutralen Verwaltungs-HUB. Homeoffice-Möglichkeiten, digitales und mobiles Arbeiten sowie einer Anpassung der GSUV-Strategie in Bezug auf zukünftige Raumbedarfe vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der Pandemie ausgebaut. Die Koalition strebt eine vorrangige Nutzung landeseigener Liegenschaften an. Anmietungen sollen vermieden, gegenteilige Bedarfe müssen mittelfristig geplant und frühzeitig angemeldet werden. Die BIM soll Investitionen zu Gunsten einer effektiveren Unterbringung der Verwaltung und anderer öffentlicher Nutzungen im Rahmen ihrer Wirtschaftlichkeit eigenständig umsetzen können.

Die landeseigenen Unternehmen müssen wirtschaftlich gut aufgestellt und leistungsfähig sein. Wichtig dafür sind die Unternehmenskultur und die Auswahl der Führungskräfte für die Unternehmen. Personalauswahlverfahren sind ein entscheidender Erfolgsfaktor für unsere Unternehmen und Beteiligungen. Die Beteiligungsrechte und überprüfbare Transparenz stellen wir durch gemeinsame Grundsätze zu Anforderungen an Auswahlverfahren sicher. An der Auswahl von Vorständen sollen wie bislang mehr als eine Senatsverwaltung, Beschäftigtenvertretungen und externe Expertise beteiligt sein. Wir entwickeln die Zielbilder der Unternehmen weiter und sichern sie durch Zielvereinbarungen ab. Das Beteiligungscontrolling, auch über das Abgeordnetenhaus, muss an der Wirtschaftlichkeit der Unternehmen ausgerichtet sein und weiter qualifiziert werden.

Mit unseren Landesunternehmen sichern wir Gute Arbeit, schaffen duale Ausbildungs- und Studienplätze und gehen bei Frauenförderung und Diversität mit gutem Beispiel voran. Die Privatisierung landeseigener Unternehmen schließen wir aus. Im Abgeordnetenhaus streben wir an, eine Privatisierungsbremse durch eine Zweidrittelmehrheit in der Landesverfassung zu verankern.

Die Koalition wird den Landesunternehmen die coronabedingten Verluste ausgleichen. Mit Blick auf die Unterdeckung wird die Koalition coronabedingte Notfallkredite aufnehmen und dem Haushalt 2022/23 in einer qualifiziert gesperrten Rücklage zuführen. Solange die Zahl der Flugpassagiere, der Fahrgäste im ÖPNV, der Messeaussteller und -besucher, Besucher landeseigener Einrichtungen einschließlich Kultur und der Patienten (ohne Corona) nicht annährend den Vorkrisenstand erreicht hat, sollen die damit verbundenen Verluste oder Kapitalbedarfe der betroffenen landeseigenen Unternehmen aus der Rücklage – soweit rechtlich möglich – ausgeglichen werden. Die Unternehmen sind ihrerseits verpflichtet, vorrangig alle Coronahilfen des Bundes und der Bundesanstalt für Arbeit zu sichern, soweit sie ihnen zustehen. Wir gehen davon aus, dass damit aus heutiger Sicht alle derzeitigen coronabedingten Bedarfe der Beteiligungsunternehmen abgedeckt sind. Zur Stabilisierung der Unternehmen prüft die Koalition zudem die Möglichkeit der Aufnahme von Transaktionskrediten. Die Koalition will die parlamentarische Kontrolle durch den Hauptausschuss über die Bereiche Landesbeteiligungen, Extrahaushalte und Investitionen intensivieren.