Es war in vielerlei Hinsicht ein Novum: Zum ersten Mal fand der Parteitag der Berliner SPD digital statt. Gleichzeitig wählten die Delegierten ebenso erstmals eine Doppelspitze: Fortan lenken Raed Saleh und Franziska Giffey die Geschicke des Landesverbandes. So steht auch erstmalig in der Geschichte eine Frau an der Spitze der Partei. Und: sie möchte gerne Spitzenkandidatin werden.
Zum Ende des Parteitags ist sich die frisch gebackene Doppelspitze einig: „Nur gemeinsam geht es“, sagt der neue Landesvorsitzende Raed Saleh. „Lasst uns zusammen anpacken“, ergänzt Franziska Giffey in ihrem Schlusswort. Sie hat mit ihrem Co-Vorsitzenden für die Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr viel vor.
Giffey möchte Spitzenkandidatin der SPD Berlin werden
Was genau das ist, erklärt sie kurz nach ihrer Wahl zur Landesvorsitzenden: „Ich habe heute erklärt, dass ich bereit bin, als Spitzenkandidatin der Berliner SPD für die Abgeordnetenhauswahl zur Verfügung zu stehen, wenn die Partei das will.“ Raed Saleh sagte im Hinblick auf den anstehenden Wahlkampf bereits am Freitagabend: Die SPD „ist in Berlin Volkspartei und das werden wir auch bei der kommenden Wahl zeigen.“
Um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen statteten sie die Delegierten des wohlgemerkt ersten komplett digitalen Parteitags mit einer überzeugenden Mehrheit aus: 89 Prozent der insgesamt 265 Stimmen entfielen auf Franziska Giffey, für Raed Saleh stimmten rund 69 Prozent.
Als ihre Stellvertreterinnen und Stellvertreter bestimmten die Delegierten Iris Spranger, Ina Czyborra, Julian Zado und Andreas Geisel. Eine Neuerung gab er bei der Position des Schatzmeisters: Hier bewarben sich Michael Biel und Robert Drewnicki – am Ende hatte Erstgenannter die Nase vorn.
Zusammenstehen, Solidarität, anpacken – alles fester Bestandteil der Schlussworte von Franziska Giffey und Raed Saleh. Das spiegelt sich am Samstag im Titel ihres Leitantrages wider: „Wir stehen zusammen – sicher, solidarisch, vielfältig“. Dazu betonte die neue Landesvorsitzende schon am Freitag, dass „Vielfalt, Weltoffenheit, Toleranz in Berlin gelebt werden sollen“. Mehr noch: sie sprach von genau fünf B’s.
Diese lauten Bauen, Bildung, Bürgernähe, beste Wirtschaft und Berlin der Sicherheit. Wichtig sei ihr außerdem der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs – die U-Bahn spielt dabei eine wichtige Rolle. Einen ganz besonderen Schwerpunkt liegt ebenso auf dem Thema innere Sicherheit. Sie möchte „eine Stadt in der die Stärke des Rechts wohnt und nicht das Recht des Stärkeren“.
Raed Saleh setzte seinerseits einen Schwerpunkt und betont, dass die SPD wieder für genau die Wählerinnen- und Wählerschichten attraktiv werden müsse, die sich in der Vergangenheit von ihr abgewandt haben. Konkret meine er die Arbeiterinnen und Arbeiter, Polizistinnen und Polizisten sowie die Sozialarbeiterinnen und -arbeiter oder Menschen mit ausländischen Wurzeln. Am Ende beschließen die Delegierten den Leitantrag.
Anschließend stellten sich die Kandidatinnen und Kandidaten für die Posten der Beisitzerinnen und Beisitzer im neuen Landesvorstand den Delegierten vor. Nun zeigte sich noch deutlicher der angesprochene digitale Charakter des Parteitags. Jede Bewerberin und jeder Bewerber hatte eine Minute Zeit zur Verfügung.
Über die PC-, Laptop- oder Smartphone-Bildschirme huschte nun bei jedem Redebeitrag abwechselnd Bücherregale oder andere Möbelstücke. Der digitale Parteitag war eben auch ein Einblick in das Zuhause einzelner Delegierter. Bei jedem Wahlgang mussten sich die knapp 280 Delegierte in ihr jeweiliges Kreisbüro begeben. Die einzelnen Ergebnisse gibt es hier zum Nachlesen.
Die neue Landesvorsitzende und ihr Co-Vorsitzender wollen keine Zeit verlieren – auch das geht aus ihrem Schlusswort hervor: Man habe mit dem weitgehend digitalen Parteitag gezeigt, dass es geht. „Lasst uns weitermachen und diesen Weg gehen“, forderte sie. Konkret wollen beide bereits am Montag in der ersten Sitzung des neuen Landesvorstandes den Wahlkampf einleiten. Bei alledem gelte, was anfangs bereits erwähnt wurde: „Lasst uns gemeinsam anpacken“, sagt Franziska Giffey.