Regine Laroche (l.) und Tessa Mollenhauer-Kochprivat

Barrierefreiheit: „Für alle und überall“

Was gibt es in Berlin in Sachen Barrierefreiheit noch zu tun? Und was können wir als SPD tun? Ein Gastbeitrag von Regine Laroche & Tessa Mollenhauer-Koch.

Im Juni 2023 kommen die Special Olympics-Sommerspiele nach Berlin, die Sportspiele für Menschen mit geistiger Behinderung, besser Lernschwierigkeiten. Speziell werden die Spiele in jedem Fall, denn es sind die ersten Special Olympics in Deutschland.

Und wer das Ereignis einmal miterleben durfte, weiß, dass neben dem Sport auch viel Engagement, Spaß und Abwechslung zu erwarten sind. Doch ist Berlin eigentlich bereit für die Special Olympics? Was gibt es noch zu tun in Sachen Barrierefreiheit? Und was können wir als SPD tun?

Ist Berlin bereit für die Special Olypmics?

Die meisten Menschen denken beim Themenfeld Inklusion und Barrierefreiheit vor allen Dingen an Menschen in Rollstühlen und an Rampen vor Gebäuden. Natürlich das ist auch wichtig. Bauliche Barrierefreiheit ist eine wesentliche Säule für gesellschaftliche Teilhabe, allein schon vor dem Hintergrund des demographischen Wandels. In einer immer älter werdenden Gesellschaft ist es einfach sinnlos, nicht barrierefrei zu bauen.

Wichtiger Punkt für uns also: Wir als SPD Berlin sollten uns konsequent dafür einsetzen, dass zumindest alle Neubauten der städtischen Wohnungsbaugesellschaften grundsätzlich barrierefrei sind.

Und nicht nur ein paar Wohneinheiten der Neubauten. Eigentlich ist das Ziel, (grundsätzlich) nur noch barrierefrei zu planen und zu bauen. Denken Sie einmal an die Stationen eines ganz normalen Tages (außerhalb des Lockdowns). Und überlegen Sie sich: Hätten Sie mit einer Gehbehinderung oder im Rollstuhl überall Zugang gehabt?

Morgens im Bus oder in der Bahn, in der Arztpraxis, an Ihrem Arbeitsplatz, in der Mittagspause im Supermarkt, abends in der Kneipe oder im Kino. Vermutlich nicht. Das soziale Leben findet zu einem großen Teil außerhalb der Wohnung statt. Davon sollte niemand ausgeschlossen sein.

Barrierefreiheit heißt auch barrierefreie Kommunikation

Barrierefreiheit geht aber noch viel weiter, Stichwort barrierefreie Kommunikation. Gebärdensprache und Untertitelung für taube Menschen oder Menschen mit Höreinschränkungen. Audiodeskriptionen und andere Hilfsmittel für blinde Menschen oder Menschen mit Seheinschränkungen. Leichte Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder kognitiven Einschränkungen.

Ein Thema, das viele vergessen. Wobei wir mit einem Augenzwinkern unterstellen würden, dass viele von uns von Leichter(er) Sprache profitieren würden – Stichwort Verständlichkeit von Behördensprache.

Weiterer Punkt: Mindestens die Verwaltungen in der Stadt müssen barrierefreier kommunizieren.

Dazu zählt auch, dass es Sensibilisierungsmaßnahmen für Mitarbeitende gibt – denn oftmals scheitert Inklusion auch an Vorbehalten, Berührungsängsten und fehlenden Informationen.

Gleichberechtigung bei Mobilität und Arbeit

Es gibt viele weitere Aspekte, denn Barrierefreiheit – Zugänglichkeit – sollte alle Lebensbereiche durchziehen. So wie Menschen mit Behinderungen selbstverständlich auch an allen Lebensbereichen diskriminierungsfrei und auf Augenhöhe teilhaben wollen:

Uneingeschränkte barrierefreie Mobilität als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge zum Beispiel oder der gleichberechtigte Zugang zu Bildung, Ausbildung und Arbeit. Noch immer sind viele Menschen mit Behinderungen – trotz guter Qualifikation – in Berlin und bundesweit ohne Job. 

Menschen mit Behinderungen in die Politik!

Wo wir als SPD Berlin auch voranschreiten können und sollten ist die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Mit der Selbst Aktiv haben wir eine sehr aktive Arbeitsgemeinschaft, aber was die Anzahl der Mandats- und Funktionsträgerinnen und -träger mit Behinderungen angeht, können wir noch besser sein.

Und dafür braucht es auch innerparteilich die entsprechenden Strukturen. Möglichkeiten gibt es viele: Veranstaltungsformate auch nach der Corona-Zeit digital denken und planen, mehr Informationen in Leichter und Einfacher Sprache, transparentere und verständlichere Strukturen, inklusive digitale Kommunikation im Internet und in den Sozialen Medien:

Untertitelung und im Idealfall Gebärdensprachdolmetschung, Alternativtexte und Emojis, die mit Bedacht genutzt werden. Disability Mainstreaming – das Berücksichtigen der Perspektive von Menschen mit den unterschiedlichsten Beeinträchtigungen – muss selbstverständlich Eingang in unsere Strukturen und unser Handeln finden.

Bei alldem sollte uns klar sein: Es geht hier nicht um Sonderrechte für Menschen mit Behinderungen. Es geht hier um selbstverständliche Menschenrechte, die 2009 mit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention konkretisiert wurden – und verbindliches Recht sind.

Im Januar 2021 hat der Berliner Senat endlich den Berliner Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention verabschiedet. Das heißt nicht, dass seitdem nichts passiert ist – zu hoffen ist aber, dass das Themenfeld Inklusion nun systematischer angegangen wird.

Schon zu Ende? Das muss nicht sein. Hier geht es weiter mit interessanten Beiträgen aus der BERLINER STIMME.