Geben Frauen den Ton anders an? Darüber sprach die BERLINER STIMME mit zwei weiblichen Berliner Führungskräften: Polizeipräsidentin Barbara Slowik und BSR-Chefin Stephanie Otto.
Sie sind beide Frauen, arbeiten in Berlin – und sind Führungskräfte: Barbara Slowik und Stephanie Otto. Erstere ist seit April 2018 Polizeipräsidentin und leitet die größte Sicherheitsbehörde des Landes Berlin: Unter ihrer Leitung stehen rund 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Stephanie Otto ist Vorstandsvorsitzende der Berliner Stadtreinigung (BSR) – dem größten kommunalen Stadtreinigungsunternehmen Deutschlands mit 6.000 Beschäftigten.
BERLINER STIMME: Liebe Frau Slowik, liebe Frau Otto, hatten Sie in der Vergangenheit das Gefühl, dass Sie als Frau mehr leisten mussten?
Barbara Slowik: Meine Erfahrung ist, dass mittelmäßige Männer deutlich eher in Spitzenpositionen befördert werden als mittelmäßige Frauen. Als Frau muss man Spitzenleistungen bringen, um gefördert zu werden. Ausnahmen gibt es nach meinem Erleben dort, wo Frauenanteile bewusst erhöht werden sollen bzw. dort, wo speziell eine Frau für eine Spitzenposition gesucht wird.
Stephanie Otto: Um anerkannt zu werden, müssen Männer wie Frauen Leistung zeigen. Ich bin mein ganzes Berufsleben lang – seit ich Mitte Zwanzig war – immer in einem Arbeitsumfeld unterwegs gewesen, das von Männern dominiert war. Allerdings ohne dass mir das besonders aufgefallen ist.Meist erst bei Briefen oder Mails, wo es dann heißt: „Sehr geehrte Frau Otto, sehr geehrte Herren“ – insofern habe ich nicht das Gefühl gehabt, dass ich als Frau mehr leisten muss. Oder besser: ich habe das zumindest nicht bewusst wahrgenommen.
Wie gehen männliche Kollegen mit Ihnen als Autoritätsperson um?
Stephanie Otto: Das fragen Sie am besten die Kollegen (lacht). Aber ernsthaft wird einem ja auch aus der Position als Führungskraft eine gewisse Autorität automatisch zugewiesen und durch gute Arbeit erübrigt sich die Frage mit der Zeit. Und das gilt aus meiner Sicht für Männer wie Frauen gleichermaßen.
Barbara Slowik: Zunächst regelmäßig sehr vorsichtig und freundlich. Ich denke so, wie man meist mit einer noch unbekannten Vorgesetzten oder einem noch unbekannten Vorgesetzten umgeht. Wenn man mich etwas näher kennenlernt, ist der Umgang locker und entspannt. Die Polizei Berlin ist eine Frau in der Behördenleitung ja auch bereits seit Langem gewöhnt, da Margarete Koppers viele Jahre Vizepräsidentin war.
Wenn Sie auf männliche Führungskräfte beziehungsweise auf Männer in der gleichen Position treffen, sehen Sie Unterschiede in Ihrem und dem Führungsstil Ihres männlichen Kollegen?
Barbara Slowik: Solche Fragen sind in ihrer Verallgemeinerung oft schwierig. Möchte man das pauschalisieren, denke ich schon, dass Männer Hierarchien, das Oben und Unten, deutlich mehr leben, während Frauen vielleicht mehr auf den Teamgedanken setzen. Auch suchen Frau seltener den direkten Konflikt, sondern taktieren mehr. Ein Führungsstil der gegenseitigen Wertschätzung, des Respekts und des Zuhörens, der mir sehr wichtig ist, ist heute überall gefordert und weit verbreitet. Von Frauen wird dieser Führungsstil vielleicht noch etwas intensiver gelebt.
Stephanie Otto: Ich glaube das ist nicht nur eine Frage des Geschlechtes, sondern auch der Generation. Chef, das war früher einer der alles wusste und bei Bedarf auch mal laut geworden ist. Und da es zu der Zeit kaum Frauen in Führungspositionen gab, wurde das mit „männlichem Führungsstil“ gleichgesetzt.
Das Anforderungsprofil für die Führung eines Unternehmens – oder auch nur einer Organisationseinheit innerhalb eines Unternehmens – ist für mich eher vergleichbar mit dem eines Trainers einer Fußballmannschaft. Heute braucht es einen anderen Führungsstil. Veränderungen passieren heute so schnell und es gibt unglaublich viele Informationen.
Und darum braucht es auch eine andere Art der Führung – Personen in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen – die mit ihrem Wissen und Erfahrung zur Entscheidungsfindung sich mit einbringen können. Führungskräfte müssen heute Strategen, Lenker, Kommunikatoren, Coach und Netzwerker sein.
Mag sein, dass diese Grundeigenschaften Frauen eher zugeschrieben werden und vielleicht auch leichter fallen als Männern. Vor dem Hintergrund finde ich aber die Perspektive „Mann oder Frau“ deutlich zu kurz gesprungen. Auch unterschiedliche kulturelle Hintergründe, unterschiedliche Erfahrungen und Karrieren können da hilfreich sein, bringen mehr Diversität.
Was würden Sie anderen Frauen sagen, die selbst einmal eine Führungsposition anstreben?
Stephanie Otto: Gib alles, sei mutig, ehrlich und selbstbewusst – Du schaffst das. Denke nicht in Karrierezielen, blicke über den Tellerrand und hab vor allem Spaß an der Aufgabe und verfolge sie mit Leidenschaft und Weitblick. Walk the Talk – reden alleine reicht nicht. Unterstützung bekommt nur, wer seine Regeln und Visionen vorlebt und das jeden Tag.
Du bist nur so gut wie Dein Team. Führen bedeutet, Ziele formulieren, Rahmen setzen, gutes Team aufstellen und die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen damit das Team Erfolge feiern kann. Lebenslanges Lernen. Das gilt nicht nur für Dein Team, sondern auch für dich. Habe Freude daran, dich weiter zu entwickeln. Denn das ist eine Stärke und keine Schwäche.
Barbara Slowik: Ich würde ihnen zwei Dinge mit auf den Weg geben. Erstens: Gute Arbeit allein reicht nicht aus. An bestimmten Punkten im beruflichen Leben muss man Folgendes sehr deutlich machen: Hier bin ich, ich bin gut und ich möchte weiterkommen. Das fällt den meisten Frauen nicht leicht, aber das gehört dazu.
Wer sich selbst nicht gut vertreten kann, der kann auch keine Organisation gut vertreten. Zweitens ein Ratschlag: Trauen Sie sich etwas zu! Viele Frauen hinterfragen oft viel zu sehr ihre Fähigkeiten. Sie gehen Anforderungsprofile Punkt für Punkt durch und prüfen kritisch, was sie wirklich erfüllen und was nicht.
Männer lesen solche Profile, wenn überhaupt, häufig quer. Und wenn sie die formalen Anforderungen erfüllen und es sie interessiert, bewerben sie sich. Frau könnten hier deutlich mehr in die Offensive gehen und nach dem Motto handeln: Jetzt komme ich.
Schon zu Ende? Das muss nicht sein. Hier geht es weiter mit interessanten Beiträgen aus der BERLINER STIMME.