Mirjam Golm

Frauentag: Frauen in unserer Gesellschaft wirklich gleichstellen

Der März wird im politischen Bereich nicht selten auch „Frauen-März“ genannt. Damit ist die Aufeinanderfolge des Equal Care Days (01.03.), Equal Pay Days (07.03.) und des Internationalen Frauentags (08.03.), der auf Initiative von engagierten Frauen der Berliner SPD ein Feiertag in Berlin geworden ist, gemeint.

An diesen Tagen bilanzieren wir jedes Jahr erneut die strukturellen Benachteiligungen, die immer noch in unserer Gesellschaft herrschen, z.B. die Ungerechtigkeiten bei den Löhnen und bei der Aufteilung von Care-Arbeit, und wollen weiter dafür kämpfen, dass diese längst überfälligen Missstände endlich abgeschafft werden und Frauen in unserer Gesellschaft wirklich gleichgestellt und ohne Erfahrung von häuslicher oder sexistischer Gewalt leben können.

In diesem Jahr wird dies alles jedoch überlagert von Putins furchtbaren Angriffskrieg auf die Ukraine. Dieser Krieg führt zu Verlierer*innen auf allen Seiten, seien es die Männer, die kämpfen, oder die Frauen, die oftmals mit Kindern und Verwandten fliehen und ihr Leben und ihre Sicherheit, ihre Sprache und ihre Kultur erstmal hinter sich lassen.

Nicht zuletzt Putin zeigt auch, dass ein bestimmter Typus eines männlichen Politikers mit rechtspopulistischen, rechts-autoritären Strukturen wieder vermehrt sichtbar wird. Dieser Typus prägt eine Politik, die mit wenig Kritikfähigkeit, wenig Reflexion einhergeht und auf ein starkes Durchsetzen der eigenen, oft egoistischen Ansichten setzt. Es hat sich nun leider in brachialer und fürchterlicher Weise gezeigt, dass solch ein Politiker nicht besonders erfolgreich als Krisenmanager ist.

Leider ist die Welt nicht so einfach gestrickt, dass es reicht zu sagen, Frauen seien die besseren Politikerinnen und Punkt. Was sich aber immer wieder feststellen lässt, ist, dass Frauen im Durchschnitt häufiger kooperativ führen und tendenziell auch etwas flachere Hierarchien prägen. Ihnen ist Diversität etwas wichtiger als das in männlichen Teams der Fall ist und Frauen sind zudem etwas risikoaverser.

Frauen leisten meist unsichtbare Friedensarbeit, doch in formellen Friedensverhandlungen sind sie oft unterrepräsentiert. Durch die Beteiligung von Frauen an Friedensverhandlungen steigt daher auch die Chance auf nachhaltigen Frieden!

Trotz der erschreckenden Situation in der Ukraine und der Tatsache, dass unsere Gedanken derzeit größtenteils um den nahen Krieg bei uns in Europa kreisen, möchte ich diesen Beitrag nutzen, um einige Punkte nochmals aufzuführen, die wir als Partei und als Fraktionen auf den verschiedenen politischen Ebenen mitdenken müssen, damit wir sie nicht jedes Jahr erneut anprangern müssen, sondern eines Tages tatsächlich als „gelöst“ ansehen können.

Die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Männern und Frauen rühren vor allem aus deren Sozialisation her. Das bedeutet, dass diese Sozialisation letztendlich auch zur schlechteren Stellung von Frauen führt: Finanziell, in ihrer Repräsentation und bei Gewalttaten.

Daher setzen wir als SPD uns für ein Paritätsgesetz in Berlin ein. Denn die Probleme, die besonders Frauen betreffen, können eben auf Dauer nur gelöst werden, wenn sie auch durch Frauen in den Parlamenten angegangen werden können. Wir haben heute immer noch keine Gleichstellung von Frauen, wie im Grundgesetz vorgesehen (Artikel 3 Absatz 2 GG: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“) und dies hängt eben auch mit der mangelnden Repräsentation von Frauen in politischen Entscheidungsstrukturen zusammen. Denn: Nur wer auch am Verhandlungstisch sitzt, kann seine Interessen vertreten und für sie einstehen.

In den vergangenen zwei Jahren wurde viel über diejenigen gesprochen, die die Lasten der Pandemie tragen. Das sind größtenteils Frauen: Unter anderem die, die in Pflegeberufen arbeiten, und die Frauen, die auf einmal nicht mehr „nur“ Mütter und Berufstätige sein mussten, sondern zusätzlich auch noch Erzieherinnen und Pädagoginnen für ihre Kinder.

Ebenso präsent ist die Frage nach gerechten Löhnen in den Pflegeberufen, und der Verteilung und Anerkennung von Care-Arbeit. In den entsprechenden Berufen und in den Familien besteht hier ein großes Ungleichgewicht.

Deshalb setzen wir uns für Entgeltgleichheit und die Beseitigung der Lohn- und Rentenlücke zwischen Männern und Frauen in den Pflegeberufen und natürlich auch in allen anderen Bereichen des Arbeitslebens ein.

Die Pandemie hat ebenso das Thema der Gewalt gegen Frauen und Mädchen leider verstärkt in den Fokus gerückt. Die Folgen des langen und engen Zusammenseins während der verschiedenen Lockdowns sind noch immer immens und müssen weiterhin bearbeitet werden.

Gewalt ist leider immer noch für viele Mädchen und Frauen ihre Lebensrealität. Das Recht jedes Mädchens und jeder Frau auf Gewaltfreiheit, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung müssen wir einfordern und durchsetzen. Wir müssen die geschlechtsspezifische Gewalt beseitigen und dürfen diesen Zustand nicht tolerieren. Es ist daher unsere politische Aufgabe ausreichend Angebote zu schaffen, um es jeder Frau zu ermöglichen, sich aus einer Gewaltsituation zu befreien.

All das zeigt: Ohne eine politisch gewollte Unterstützung von Frauen in ihren spezifischen Lebensrealitäten, ohne eine wirkliche Gleichstellung, lassen sich auch viele gesellschaftliche Probleme nicht lösen.

Ich habe die Hoffnung, dass schwer erkämpfte formale Rechte und Chancen von Frauen nicht als selbstverständlich erachtet werden und deshalb verloren gehen, sondern, dass wir weiter dafür gemeinsam streiten, die noch bestehenden gesellschaftlichen Benachteiligungen zu überwinden!

Autor:in

Mirjam Golm

Mitglied des Abgeordnetenhauses

Gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Berlin

Mirjam Golm